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Seitens der Oppositionsparteien gab es am Donnerstag im Rahmen der Debatte zur Regierungsbildung herbe Kritik, aber auch Lob. So finden SPÖ und Grüne vor allem Gefallen an der Wiedereinführung eines Frauenministeriums. Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ortete allerdings "Verdruss und Langeweile" im Hohen Haus. Für SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer verstecken sich hinter den Reformpaketen "nur Belastungen".
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Gusenbauer ortet im Regierungsprogramm "in einer Reihe von Punkten Übereinstimmung" - etwa bei der EU-Erweiterung oder der Vereinheitlichung der Krankenversicherungsbeiträge - wie er in seinem Debattenbeitrag formulierte. Allerdings: Bei vielem "steht zwar Reform drauf, sind aber nur Belastungen drinnen". So werde es etwa im Bereich der Pensionen nicht zu einer langfristigen Sicherung kommen, sondern nur zu einer "dramatischen Kürzung". Gusenbauer erinnerte auch an das von Schüssel in der vergangenen Legislaturperiode gegebene Versprechen für 2003 "am Ende wird die Ernte kommen". Die Ernte seien allerdings "wieder neue Belastungen".
Gusenbauer fordert den Kanzler zu mehr Mut auf
"Wo ist der Mut, Herr Bundeskanzler, der heute so dringend gebraucht worden wäre", fragte Gusenbauer den Kanzler. Er fordert mehr Mut in den Bereichen Pensionssystem, Bildungssystem, Gesundheit und Staatsreform ein. Kritik übte der SPÖ-Chef auch daran, dass Schüssel "das Ziel des Nulldefizits begraben" habe, was wiederum einen "Abschied von einer soliden Finanzpolitik und neue Schulden" bedeute.
Prinzipiell bekundete Gusenbauer die Bereitschaft der SPÖ zu einer "konstruktiven Zusammenarbeit" im Parlament. Doch "wenn, wie in der letzten Regierungsperiode, die Regierung über das Parlament drüberfährt", dann werde es keine Partnerschaft geben.
Van der Bellen sieht nur "das alte Wrack repariert"
Van der Bellen sieht in der erneuten schwarz-blauen Regierungsbildung lediglich "das alte Wrack repariert" - die Regierungserklärung sei "kein kraftvoller Neubeginn". "Sie sind jetzt wieder auf See - ich hoffe für Sie, dass die Wasserpumpen voll in Betrieb sind, denn die alten Klippen sind noch da - die Haiders, Windholze, Stadlers", meinte der Grünen-Chef in Richtung Regierungsparteien. Er ortet im Hohen Haus "Verdruss und Langeweile".
Kritik übte Van der Bellen vor allem an der geplanten Abschaffung der Frühpension - hier vermisst er begleitende Arbeitsmarktmaßnahmen für Ältere. Die "blaue Handschrift" im Regierungsprogramm habe sich dadurch durchgesetzt, dass "jede Art von positivem Ansatz zur Integrationspolitik" fehle. Er ortet eine "Politik der prinzipienlosen Beliebigkeit".
Es gebe allerdings auch Punkte, "die wir unterstützen", merkte Van der Bellen abschließend an - einige allerdings "mit Vorbehalt". Positiv bewertete er, ebenso wie Gusenbauer, die Wiedereinführung eines Frauenministeriums. Maria Rauch-Kallat sei dafür eine "gute Besetzung".
SPÖ-Klubobmann Josef Cap bezeichnete das schwarz-blaue Regierungsprogramm als "Manifest der Mutlosigkeit" und ortet eine Scheu vor Verantwortung. So wurde diese etwa bei der Ladenschluss-Neuregelung an die Landeshauptleute abgegeben, bei den Selbstbehalten an die Krankenkassen. Die Pensionen solle sich angesichts der Stärkung der zweiten und dritten Säule "jeder selber machen", glaubt Cap.
Die Grüne Madeleine Petrovic zeigte sich über die Umwelt-, Frauen und Sicherheitspolitik im Koalitionspakt enttäuscht. Sie konzentrierte sich in ihrem Debattenbeitrag vor allem auf den Bereich Frauen: Die Regierung sei zwar vergrößert worden, der Frauenanteil habe allerdings abgenommen. Auch Einsparungen von jeweils einer Mrd. Euro bei den Pensionen und im Gesundheitsbereich würden vor allem zu Lasten der Frauen gehen. Ein Dorn im Auge sind Petrovic die neuen Abfangjäger, für die andererseits zwei Mrd. Euro vorhanden seien. Sowohl die Grünen als auch die SPÖ-Abgeordneten glauben nicht an eine lange Lebensdauer der neuen schwarz-blauen Regierung.