Wenn der Herbst ins Land zieht, kommen langsam auch die Abgeordneten an ihren Arbeitsplatz im Parlament zurück. Um welche Themen die Debatten kreisen werden, ist absehbar: Immerhin erhitzten sich die Gemüter bereits vor dem Sommer an Universitäts- und ORF-Reform, an EU-Erweiterung und sozialen Fragen. All dies wird ab September auf der Tagesordnung der Nationalratssitzungen stehen.
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Es wird ein heißer Herbst - zumindest wenn es nach der Gewerkschaft geht. Die Fragen für die Urabstimmung, die der ÖGB erstmals in seiner Geschichte abhält, stehen fest. Die Formulierung ist zwar milde ausgefallen, doch gehe es darum, eine Diskussion über die Inhalte loszutreten, betont ÖGB-Vizepräsident Fritz Neugebauer.
Anders sieht dies Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Er ortet ein "Ablenkungsmanöver" der Gewerkschaft von den eigenen Schwierigkeiten. Nicht Fragen seien wichtig, sondern Antworten - und die gebe die Regierung, erklärte er im gestrigen ORF-"Morgenjournal".
Dass aber mit den Antworten nicht alle gleichermaßen zufrieden sind, zeigte sich bereits vor der Sommerpause. Die Opposition wirft den Koalitionsparteien Belastungspolitik vor, die Sozialpartner fürchten schwindenden Einfluss. Studiengebühren, Ambulanzgebühren, die Idee einer Volksbefragung zur EU-Erweiterung ließen die Wogen der Emotionen hochgehen. Die Themen Abfertigung und Zuwanderung sorgten auch innerhalb der Koalition für Uneinigkeit (siehe unten).
Abgeschlossen ist all dies noch nicht. Die Ratifizierung des Vertrags von Nizza, der richtungsweisend für die EU-Erweiterung ist, steht den ParlamentarierInnen im Herbst ins Haus. Ebenso gilt es das Universitätslehrer-Dienstrecht zu beschließen. Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer kündigte für September eine breite Diskussionsplattform an.
Auch die SPÖ bereitet sich auf eine Bildungsoffensive vor. Nationalratspräsident und stellvertretender SPÖ-Vorsitzender Heinz Fischer ließ keinen Zweifel daran, dass ÖVP und FPÖ in Bezug auf die Bildungsreform mit Gegenstimmen der SozialdemokratInnen zu rechnen hätten.
Welche Ideen oder Modelle vorgelegt werden, konnte zunächst nicht präzisiert werden. Die Vorschläge werden erst bei der Klubklausur am 20. und 21. September konkretisiert, hieß es aus der SPÖ-Zentrale.
Was die Herbstarbeit anbelangt, halten sich die Parteien im Detail bedeckt. Die Grünen etwa wollen nicht nur Umwelt- und soziale Themen zur Sprache bringen sondern auch Schwerpunkte im Bildungsbereich setzen - etwa mit der Unterstützung des Bildungsvolksbegehrens der Österreichischen Hochschülerschaft. Konkret sind die Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss: Außenministerin Benita Ferrero-Waldner und Innenminister Ernst Strasser sollen Stellung nehmen zu ihrer Rolle bei den Vorfällen in Genua, wo AktivistInnen der VolxTheaterKarawane in Haft saßen.
In einigen Punkten treffen sich die Vorschläge der SPÖ und der Grünen. Doch von einem geeinten "oppositionellen Block" will niemand reden. Zwar wollen sich die Grünen bereits ab Herbst auf eine allfällige Regierungsbeteiligung nach der nächsten Nationalratswahl und damit eine Zusammenarbeit mit der SPÖ vorbereiten, wie Bundessprecher Alexander Van der Bellen in einem "Presse"-Interview ankündigte. Aber an ein geschlossenes gemeinsames Auftreten im Nationalrat glaubt im Grünen Parlamentsklub kaum jemand.
Die SPÖ gibt sich gesprächsbereit nach allen Seiten. Eine "Zusammenarbeit in Sachfragen" mit jeder Partei, die eine ähnliche Meinung vertritt, werde angestrebt. Den Vorwurf, "Fundamentalopposition" zu betreiben, wischt Klubobmann Josef Cap weg: "Wenn etwas ein fundamentaler Schwachsinn ist, sind wir fundamental dagegen."
Völlig anders stellt sich dies für ÖVP-Klubobmann Andreas Khol dar. Bei einer Pressekonferenz, die er gemeinsam mit seinem FPÖ-Kollegen Peter Westenthaler abhielt, fand er klare Worte der Kritik. Die SPÖ schwanke inhaltlich "zwischen einer besseren, linken Volkspartei und alten Volksfront-Modellen".
Die ÖVP selbst möchte sich ab Herbst nicht zuletzt der Informationstätigkeit widmen. Das Kindergeld werde weiter thematisiert, ebenso stehe die Fortsetzung des Alpbach-Prozesses auf dem Programm. Verwaltungsreform und Sicherheitsdoktrin werden noch in der Herbstsession aufs Tapet gebracht. Dass die Legislaturperiode volle vier Jahre dauern wird, ist für ÖVP-Klubobmann Khol eindeutig. Er verweist auf die kommende Budgetdebatte: Sie werde erst im November 2002 abgehalten. Auch das wurde bereits vor der Sommerpause festgelegt.