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Herbst-Programm

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Dass sich ausgerechnet das Finanzministerium beim "Zuschuss" für die ÖBB um 600 Millionen verrechnete, trägt nicht gerade zur Beruhigung des Steuerzahlers bei. Wenn dort etwas stimmen sollte, sind es Zahlen.

Es offenbart allerdings ein Politik-Verständnis, das höflich formuliert als antiquiert zu bezeichnen ist. Nicht die Sache steht im Vordergrund, sondern das parteipolitische Kalkül des jeweiligen Ministers. Die ÖBB sind "rot", folglich müssen sie schlecht geführt sein und massenhaft Steuergeld verprassen - so die Linie der ÖVP-Zentrale.

In der Tat gibt es bei den ÖBB einiges zu verbessern, aber mit falschen Zahlen einfach hinzuhauen, hebt diese Potenziale nicht. Es ist genau diese Art von oberflächlicher Parteipolitik, die Wähler massenweise von den Regierungsparteien wegtreibt. In den Umfragen haben SPÖ und ÖVP im Moment keine Mehrheit mehr.

Die beiden Parteien könnten aber die Sommerpause (der nächste Ministerrat findet erst am 26. August statt) nutzen, und sich überlegen, wie sie es ab Herbst anlegen wollen. Dass die Medien das Koalitionsklima schlechter darstellen als es in Wirklichkeit ist, zeugt möglicherweise von einer dicken Haut des Wirtschaftsministers, von dem der Satz stammt, richtiger wird er dadurch nicht. Der nun vereinbarte Breitband-Ausbau mag eine gute Sache sein, aber erwartet sich die Regierung dafür wirklich Lobeshymnen? Der Breitbandausbau ist für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs von enormer Bedeutung, die Regierung erledigt damit jene Arbeit, für die sie angetreten ist.

Das mag ungerecht klingen, doch Ministerratssitzungen sind keine gruppentherapeutischen Treffen, sondern Arbeitssitzungen. Die Koalition sollte sich daher überlegen, ob sie nicht ihre Arbeitsprogramme etwas nachschärfen sollte. Es ist sehr pragmatisch ausgelegt, doch die weltwirtschaftliche Entwicklung verlangt unkonventionelle Ideen. Die (im EU-Vergleich niedrige, aber für heimische Verhältnisse hohe) Arbeitslosigkeit einfach zu verwalten, ist zu wenig. Ein Programm zur Wirtschaftsankurbelung hat der kommende EU-Kommissionspräsident Juncker angekündigt.

Diesem folgend sollte auch die heimische Regierung im Herbst eines aufsetzen - gemeinsam und ohne zu fragen, welcher Partei es gerade nutzt oder schadet. "Die Lage ist gut", sagte Kanzler Faymann. Sie könnte noch viel besser sein.