Was tun, wenn Asylwerber keine Papiere vorweisen? Ohne geklärte Identität kann ein Asylverfahren nicht eingeleitet werden. Festzustellen, ob jemand tatsächlich "papierlos" ist, etwa aufgrund der Fluchtgeschichte, oder ein "Identitätsverweigerer", ist allerdings oft ein rechtspolitischer Drahtseilakt.
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"Wir setzen das Nichtvorhandensein von Papieren nicht mit Staatenlosigkeit im Sinne der Genfer Flüchtlingskommission gleich", erzählt dazu Wolfgang Taucher, Leiter des Bundesasylamts, "jeder ist Bürger eines Staates".
Das Procedere vor den Asylbehörden verkompliziert sich für Personen ohne "papierene Identität" um den Akt der so genannten "Glaubwürdigkeitsfrage". Dabei werden die Angaben des Asylwerbers unter anderem in einer Art "Tiefeninterview" überprüft. Der Betroffene wird angehalten, zwanzig Minuten lang über alltägliche Dinge in seinem Heimatland zu sprechen. Seine Aussagen werden dann sprachlich und inhaltlich von Experten analysiert. "Ad hoc Anfragen im angegebenen Land sind oft nicht möglich", erklärt Taucher, "und im Fall einer Flucht aus politischen Gründen stellen sie eine Gefährdung etwaiger im Land verbliebener Familienangehöriger dar. In manchen Fällen können wir uns an eine österreichische Vertretung im Land wenden".
Faktum ist, dass auch oder gerade im Rahmen der Identitätsfeststellung Missbrauch betrieben wird. Immerhin verhindert eine unklare Identität die Abschiebung. Eine Einschätzung, wie viele Asylwerber ihre Identität nicht preisgeben wollen und wie viele es tatsächlich nicht können, wagen aber weder Bundesasylamt noch Caritas.
Papiere "herzaubern"
Die Fremdenpolizei hat diesbezüglich zumindest einen Anhaltspunkt: "Wir sind bei Kontrollen zu den ebenfalls stark zunehmenden Schein-Ehen auf ein interessantes Phänomen gestoßen", erzählt Ermittler Kovarnik: So habe man sich die insgesamt 23 Eheschließungen ehemaliger Asylwerber (aller Nationen) mit Österreicherinnen im vergangenen Jänner näher angesehen: "Alle 23 Fremden hatten ihre Papiere vorher im Asylverfahren als nie besessen, vom Schlepper einkassiert oder verloren bezeichnet. Zur Hochzeit hatten alle 23 ihre Papiere plötzlich von selbst wiedergefunden".
Weil man das nicht glauben wollte, machte man den Test im Februar nochmals: "Diesmal waren es 42 Eheschließungen, und wieder hatte alle 42 Asylwerber ihre Papiere pünktlich zur Hochzeit auf wundersame Weise wieder verfügbar". Bei der Fremdenpolizei schätzt man die Scheineheschließungen zur Legalisierung des Aufenthaltes in Österreich auf rund 2.000 pro Jahr.