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Hermann Knaus: Für Empfängnis und Verhütung

Von Brigitte Biwald

Reflexionen
Forscher ohne Altersmilde: Hermann Knaus im Jahr 1968.
© ullstein bild - Imagno/Votava

Der vor 50 Jahren verstorbene Gynäkologe war Wissenschafter und Arzt mit großem Verständnis für seine Patientinnen.


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Die Biologin Susanne Krejsa MacManus und der Arzt Christian Fiala haben im Jahr 2016 unter dem Titel "Der Detektiv der fruchtbaren Tage" (Verlagshaus der Ärzte) eine umfassende wissenschaftliche Studie über Leben und Wirken des bedeutenden Gynäkologen Hermann Knaus vorgelegt. Die Autoren bieten eine Fülle von Anregungen, die über die engere Medizingeschichte hinausgehen: so etwa den interessanten, vorsichtigen Positionswechsel der katholischen Kirche im Zusammenhang mit der Einführung kontrazeptiver Methoden.

Hermann Knaus erkannte, worüber Generationen von Wissenschaftern gerätselt hatten: die hormonelle Steuerung der fruchtbaren und unfruchtbaren Tage im weiblichen Zyklus. Seine Methode des Tage-Zählens ist in beide Richtungen anwendbar: zur Verhütung ungewollter Schwangerschaften oder zur Zeugung eines Wunschkindes. Knaus’ Lebensweg ist faszinierend: Vier Jahrzehnte Kampf (verteidigen, argumentieren und beweisen) formten seinen Charakter. Er selbst verglich sich mit Ignaz Semmelweis.

Statt milder zu werden, wurde sein Ton im Alter schärfer. Hermann Knaus stand in gewisser Weise mit seinen Forschungen "zwischen gestern und morgen". Der Erfinder der Knaus-Ogino-Methode der Schwangerschaftsverhütung verdankte seine Erkenntnis der Orientierung an empirischen Methoden, die sich im Lauf des 19. Jahrhunderts durchsetzten. Unabhängig von Knaus kam der japanische Gynäkologe Kyusaku Ogino (1882-1975) zu ähnlichen Erkenntnissen. Daher auch der Name Knaus-Ogino-Methode.

Neue Erkenntnisse

Der japanische Gynäkologe Kyusaku Ogino.
© Archiv

Hermann Knaus wurde am 19. Oktober 1892 als Sohn des wohlhabenden Kaufmanns Friedrich Knaus und seiner Frau Amalia in St. Veit an der Glan geboren. 1912 begann er ein Medizinstudium, doch zu Beginn des Ersten Weltkrieges musste er dieses unterbrechen, um als "Einjährig-Freiwilliger Mediziner" zum Gebirgsschützenregiment Nr. 1 einzurücken.

Nach seinem Kriegsdienst an der russischen Front kehrte er, hochdekoriert, als Oberleutnant der Fliegertruppe zurück. Wie Krejsa MacManus und Fiala mit den Qualifikationslisten des Jahres 1916 aus dem österreichischen Staatsarchiv/Kriegsarchiv belegen, zeigte der junge Knaus bei der Behandlung von Verwundeten und Kranken Umsicht, Sachkenntnis und Fürsorge. Erst mit 28 Jahren, im März 1920, konnte er das Medizinstudium in Graz abschließen. Die nachfolgende hervorragende, umfangreiche klinische Ausbildung übernahm sein Lehrer Viktor von Hacker, ein Billroth-Schüler. Schon zu dieser Zeit verfasste Knaus erste wissenschaftliche Veröffentlichungen rund um die Nebenschilddrüse. Im Oktober 1922 wechselte er an die Gynäkologisch-geburtshilfliche Universitätsklinik Graz. Anfang 1924 verschob sich Knaus’ wissenschaftlicher Fokus vom Studium der Schilddrüse über die Rolle des Gelbkörpers hin zur Steuerung der Fruchtbarkeit.

Im Juni 1924 beantragte er einen mehrmonatigen Urlaub, um mit einem Travelling Fellowship der Rockefeller Foundation in England auf diesem Gebiet weiter zu forschen. Die wissenschaftliche Ausbeute seines Aufenthaltes in London war reich, vor allem die Eigenbewegungen der Gebärmutter betreffend. Im Herbst 1925 kam Knaus an die Grazer Universitätsklinik zurück. 1928 brachte ein Forschungsaufenthalt in Deutschland den Durchbruch. Sein Ergebnis: "Die Ovulation erfolgt bei Frauen stets am 15. Tage vor Eintritt der Menstruation." Von da war es nur noch ein Schritt zu einer Rechenmethode der fruchtbaren und unfruchtbaren Tage.

Die anschließende wissenschaftliche Debatte erinnert an das Schicksal von Ignaz Semmelweis: Knaus erntete den entschlossenen Widerspruch der Fachkollegen. Doch die wissenschaftliche Welt hatte sich seit den 1850er Jahren verändert. Schon bald kam es zu Versuchen, Knaus’ Aussagen zu überprüfen. Er erhielt auch Feedback von Patientinnen, denn hauptberuflich war er Gynäkologe, Geburtshelfer und gynäkologischer Chirurg. So publizierte Knaus über Operationen bei der gefährlichen Eileiterschwangerschaft oder des Gebärmutterhalskrebses. In seiner Grazer Assistentenzeit von 1927 bis 1934 konnte er mehr als 120 Radikaloperationen durchführen und somit vielen Frauen das Leben retten.

Was die Medien in der Zwischenkriegszeit besonders interessierte, war die neue Verhütungsmethode von Knaus. Paul Stein, Mitarbeiter der "Arbeiterzeitung", äußerte sich zunächst vorsichtig optimistisch zur "Rechenmethode". Er warnte jedoch später vor deren Unsicherheiten und forderte eine "Aufklärung der proletarischen Frauen". Für diese waren Arztbesuche und Verhütungsmittel unerschwinglich. Ihr einziger Ausweg war eine (verbotene) Abtreibung.

1930 bewarb sich der bereits renommierte Knaus um den Vorstand der I. Universitäts-Frauenklinik in Wien, doch er wurde aufgrund seiner Thesen abgelehnt. Dennoch war sein Erfolg nicht aufzuhalten. Geschäftemacher griffen die Knaus’sche Entdeckung auf und produzierten Empfängnisverhütungskalender. Weil deren Anwendung nicht einfach war, befassten sich andere geschäftstüchtige Unternehmer mit der einfachen Umsetzung seiner Erkenntnis.

Erfolg und Ablehnung

So meldete ein ehemaliger österreichischer Marineoffizier, unterstützt durch Hermann Knaus, am 1. Februar 1930 den Zeitintervall-Anzeiger "Konzip" zum Patent an. Angeschlossen war eine "ethische Erklärung". Tatsächlich übernahmen viele Pfarrämter den Verkauf des Konzip-Kalenders. So widmete das "Alt-Ottakringer Pfarrblatt" dem neuen Rechenbehelf mehrere Artikel. Währenddessen bezweifelten namhafte Ärzte noch immer die Erkenntnisse von Knaus.

1932 heiratete der 40-Jährige in Maria Saal die um 17 Jahre jüngere Medizinstudentin Ružica Stankovic. Im Jänner 1934 kam Tochter Ingeborg zur Welt. Zwei Jahre später erschien im Wiener Verlag von Wilhelm Maudrich Knaus’ erstes großes Werk, "Der Weg zur natürlichen Geburtenregelung". Das Buch wurde sowohl in Deutschland als auch nach dem "Anschluss" in Österreich verboten. Das Thema ging gefährlich nahe an damalige politische Tabus der Geburtenregelung heran. Knaus versuchte die "völkisch Besorgten" mit dem Argument zu beruhigen, dass "kein Aussterben zu befürchten sei". Obwohl er von den deutschen Gynäkologen in München und Berlin ignoriert und zu Kongressen nicht eingeladen wurde, erschien sein Buch, übersetzt in mehrere Sprachen, mit dem Vorwort des anerkannten englischen Fortpflanzungsphysiologen Francis Hugh Adam Marshall.

1934 verließ Knaus Graz und übersiedelte nach Prag. Dort wurde er Chef der Geburtshilflichen sowie der Gynäkologischen Klinik. Auch in Prag wurde seine Verhütungsmethode von Kollegen angezweifelt. Von 1939 bis 1941 war er Dekan der Medizinischen Fakultät der Karl-Ferdinands-Universität. Viele ungewollt kinderlose Paare kamen in seine Privatordination. Oft ging es nur darum, den richtigen Tag für die Befruchtung herauszufinden. Auch führte er künstliche Befruchtungen durch. Staatspräsident Beneš, beeindruckt von Knaus’ Wirken, empfing den Mediziner zur Audienz.

Bei der politischen Überprüfung der Dozenten der deutschen tschechischen Hochschulen nach der Bildung des "Protektorats Böhmen und Mähren" 1939 wurde Knaus auf die abwertende Stufe 3 gesetzt und gerade noch übernommen. Als Grund dafür wurde angegeben: "Juden an der Klinik, nicht einsetzbereit für nationale Belange." Knaus trat der NSDAP bei, was ihn nicht an scharfer wissenschaftlicher Kritik an Parteigenossen hinderte und ihm zwei Parteigerichtsverfahren einbrachte. 1941 folgte seine Berufung in den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie. Doch die Politik bestimmte den Alltag immer stärker: 1944 wurde Knaus’ Assistent Hugo Husslein "vom Operationstisch weg" von der Gestapo verhaftet, weil er sich nicht von den jüdischen Freunden distanzieren wollte.

Im Februar und März 1945 fielen US-Bomben auf Prag, auch die Universität bekam einen Treffer ab. Am 5. Mai 1945 brach in Prag der Aufstand aus. Die alliierten Armeen rückten näher und schließlich zog die Rote Armee in das befreite Prag ein. Zu dieser Zeit lebten etwa 200.000 Reichsdeutsche in der Stadt, darunter viele Flüchtlinge. In der aufgeheizten Stimmung verließ ein Großteil des akademischen Personals die deutsche Universität.

Knaus blieb. Er wollte seine Klinik, die nach den neuesten Erkenntnissen der Krankhaushygiene modernisiert worden war, nicht im Stich lassen. Am 12. Mai 1945 richtete er in der österreichischen Gesandtschaft ein improvisiertes Ärztezimmer ein. Dort wurden Vergewaltigungsopfer und auch Verwundete versorgt.

Zurück in Österreich

Knaus’ Einsatz für den Ausbau der Gynäkologie vor der NS-Machtübernahme und seine korrekte Haltung gegenüber tschechischen Patientinnen und Patienten sorgten dafür, dass er zunächst in Prag bleiben konnte. Es war bekannt, dass Knaus in seiner Frauenklinik zwischen 1940 und 1945 viele tschechische Frauen vor der Inhaftierung durch die Gestapo bewahren konnte, indem er Zeugnisse für deren Haftunfähigkeit ausstellte. Die Anzeige seines ehemaligen Gärtners hatte einen Gefängnisaufenthalt zur Folge, den Knaus nur mit Glück überlebte.

Von einer Diphtherie-Erkrankung geschwächt, kehrte Knaus Anfang 1946 nach Österreich zurück. Zu seiner großen Enttäuschung wurde ihm keine Klinik angeboten. Trotz anfänglichem Berufsverbot praktizierte er in Graz und wurde kurz darauf rehabilitiert. Nachdem Knaus Ende der 1940er Jahre Angebote für Professuren in der Schweiz und in Westdeutschland erhalten hatte, setzten sich Kollegen für seinen Verbleib in Österreich ein.

Als im September 1947 der Chefsessel der II. Frauenklinik der Universität Wien vakant wurde, bewarb er sich, doch der zuständige Sektionschef lehnte Knaus ab. Er verkraftete auch diese Enttäuschung. 1948 referierte er vor Fachgesellschaften in Wien, Zürich und Bern und nahm eine Gastprofessur in London an. 1950 wurde Knaus, inzwischen 58 Jahre alt, provisorischer Leiter der Frauenabteilung der Rudolfstiftung, wechselte jedoch schon im Oktober in das Krankenhaus Lainz, wo er bis 1960 die gynäkologische Abteilung leitete. Nach seiner Pensionierung ordinierte er weiter und publizierte. Posthum erschien, knapp nach seinem Tod am 22. August 1970 im Alter von 78 Jahren, sein Werk "Die wahre Dauer der menschlichen Schwangerschaft‘".

Im Jahr 1960 wurde die "Antibabypille" (Ovulationshemmer) von der US-Gesundheitsbehörde zugelassen. In gewissem Sinne war Knaus einer ihrer Wegbereiter, denn diese neue Methode beruhte auch auf Gesetzmäßigkeiten, die er nachgewiesen hatte. Knaus lehnte die Pille jedoch ab und warnte vor deren Nebenwirkungen. Er war erleichtert, als im Juli 1968 Papst Paul VI. in seiner Enzyklika "Humanae vitae" diese Form der Empfängnisverhütung verurteilte.

Brigitte Biwald, geboren 1951, ist Historikerin, Veröffentlichungen zu
Medizin- und Militärgeschichtsthemen; lebt in Perchtoldsdorf.