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Der jüngste Werbespot der Firma Mobilkom ist ästhetisch gelungen und hat Qualität. Im Mittelpunkt steht ein adrett gekleideter Mann in seiner Freizeit und im familiär-privaten Ambiente. Moderne Kommunikation, so die Botschaft, ist dazu da, uns das Leben zu erleichtern und uns mehr Zeit zum Leben zu geben. So weit so gut. Was zu denken gibt, ist der Umstand, dass die Hauptrolle Boris Nemsic, der Chef des Unternehmens, spielt. Und da er nicht - wie Robert Haslauer - Firmeneigentümer ist, sondern ein vom Aufsichtsrat berufener, ergo austauschbarer Manager, wirft seine Mitwirkung Fragen auf. Warum macht er das? Aus purer Eitelkeit? Hält er sich - als "Mr. Mobilkom" - für die Verkörperung seines Unternehmens? Dient es seinem Ego, als Filmstar über die Bildschirme zu flimmern? Ist er der Meinung, dass ganz Österreich das Recht haben sollte, tagtäglich einen schönen Mann mit gepflegtem Dreitagebart in netter Umgebung zu sehen, wo in diversen Filmen und Serien doch so viele kaputte Typen herumlaufen? Hat er vielleicht das Gefühl, in seinem Job überbezahlt zu sein, und will einen Teil seiner Gage wenigstens als Gelegenheitsschauspieler in Werbespots abdienen? Oder bekommt der gute Mann etwa gar zu wenig Geld für seine geregelte Tätigkeit und ist daher gezwungen, sich ein Zubrot als Darsteller in Werbefilmchen zu verdienen?
Wenn sein Beispiel Schule macht, werden demnächst vielleicht auch Telekom-Chef Sundt, BankAustria-Eminenz Randa, Casino-Boss Wallner oder ÖBB-Chef Rüdiger vorm Walde in Werbespots auftreten und die Philosophie ihrer jeweiligen Unternehmen - oder ihre ganz privaten Überzeugungen - propagieren. Wollen wir hoffen, dass sie sich weiterhin auf das konzentrieren, was sie am besten können und wofür sie eigentlich da sind. Und Herr Nemsic sollte vielleicht doch besser Handyverträge verkaufen und nicht sich. Andererseits: Gibt es bei uns nicht ohnehin schon zu viele Handys und viel zu wenig Philosophen . . .?