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Herr Diesel traute seinen Ohren nicht

Von Helmut Dité, München

Wirtschaft

110 Jahre nach der Erteilung des ersten Patents für einen Selbstzündermotor an Rudolf Diesel würde er seinen Augen und vor allem den Ohren nicht trauen, könnte er die neuesten Entwicklungen seiner Erfindung testen. In der Luxusklasse stellte BMW jetzt den "Siebener" mit neuen Dieselmotoren vor, die - entwickelt und teilweise gebaut in Steyr - wohl mit zum Nonplusultra dieser Technologie gehören: Der stärkere V8 leistet 190 kW (258 PS) und bringt 600 Newtonmeter Drehmoment - und man hört ihn kaum.


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Mehr Leistung, weniger Verbrauch - das schrieb man den Entwicklern ins Pflichtenheft. Herausgekommen sind zwei Motoren mit Common Rail-Einspritzung der zweiten Generation, die in der Oberklasse schlicht "eine neue Dimension des Dieselfahrens" (BMW selbstbewusst) eröffnen sollen. Tun sie, und wie.

Der Reihen-Sechszylinder mit 160 kW (218 PS) und 500 NM bewegt in Verbindung mit der neuen Sechsgang-Automatik das Zwei-Tonnen-Flaggschiff der Bayern fast ebenso mühelos wie der stärkere Achtzylinder. In 8,0 Sekunden von Null auf Hundert, 235 km/Spitze der eine, 7,4 Sekunden die Normbeschleunigung und 250 km/h - auf der deutschen Autobahn von München nach Landshut rasch erreichbar - der andere.

Was an High-Tech alles in die Motoren eingebaut ist, würde Seiten füllen. Nur soviel: Der Einspritzdruck im V8 ist von 1.350 auf nunmehr 1.600 bar gesteigert worden, bis zu vier Mal pro Arbeitstakt wird Kraftstoff eingespritzt - "was den Zielkonflikt zwischen Leistung und Akustik noch besser löst" (BMW). Wegen der höheren Drücke hat man auch einen kleinen Gewichtsnachteil in Kauf genommen und den Block in hochfestem Grauguss mit Vermikulargraphit gestaltet.

Nageln war früher, jetzt gibt es "automatischen Spontanstart ohne Vorglühen" - der Fahrer merkt keinen Unterschied mehr zum Benzinfahrzeug und startet auch im Dieselsiebener per Knopfdruck - wenn man nicht vergisst, dabei immer auf die Bremse zu treten. Dass der "7er" eine wunderbare Fahrmaschine ist, deren respektables Gewicht und Außenmaß man auch auf den schmalen niederbayrischen Landstraßen zwischen Hirnkirchen und Grafenhaun, zwischen Nieder-Obersüßenbach und den hügeligen Hopfenfeldern gleich vergisst, verstand sich auch mit den Benzinmotoren von selbst. Dass man aber auch in der Innenstadt von Landshut, in einer schmalen Gasse, in die es einen trotz Fahrverbots halt verschlagen hat, an einem eifrig einen anderen Touristen aufschreibenden Polizisten so lautlos vorbei schleichen kann, dass der kein Ohrwaschl rührt, ist für einen Diesel neu. "Das ist ein Diesel?" - ist denn auch die obligate Frage jedes Beifahrers - in der Praxis, nicht in der Fernsehwerbung.