Auf engem Raum übernehmen männliche Mäuse Aufgaben der Nachwuchspflege.
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Wien. Also, im Grunde ist Herr Maus ja ein Rabenvater. Sorge um die Nachkommen - wie bitte? Was soll das sein? Wozu gibt´s denn eine Frau Maus? Na eben! Ein solches Verhalten ist ganz
natürlich - bei Mäusen, wohlgemerkt.
Nun aber ist Wissenschaftern der Universität von Kanazawa in Japan aufgefallen, dass Herr Maus sein durch und durch rabenväterliches Verhalten von Grund auf ändert, wenn er mit seiner Familie auf beengtem Raum zusammenleben muss - unter Laborbedingungen etwa, in einem Käfig. Da entwickelt der Mäuserich nämlich unverhofft väterliche Gefühle für die Kleinen. Etwa säubert und wärmt er sie und bietet ihnen Schutz. Womit sich das Forscherteam um Hong-Xiang Liu, einen Spezialisten für bio-physikalische Genetik, zu fragen begann, was Herrn Maus im Laborkäfig zum Mustervater macht.
Ist der Mäusemann allein, vergisst er seine Pflichten
Die Untersuchungen der Forscher erfolgten an mehreren Mäusefamilien und führten zum immer gleichen Ergebnis: Wurden bei einer Trennung die Männchen allein in einem sauberen Käfig und ohne Kontakt zu den Müttern untergebracht, hatten sie bei der Familienzusammenführung jegliche Fürsorge für den Nachwuchs vergessen.
Blieben die Männchen hingegen bei der Trennung vom Nachwuchs mit den Weibchen zusammen, kümmerten sie sich nach der Rückkehr in den Familienkäfig weiterhin rührend um ihre Nachkommenschaft, als wäre nichts geschehen: Da buddelten dann die Väter ihre Kleinen etwa liebevoll in wärmenden Holzspänen ein oder leckten sie fürsorglich ab - ein Verhalten, das man bisher nur bei Mäusemüttern festgestellt hat.
Der körperliche Kontakt mit der Mutter während der Trennung konnte dabei keine Rolle spielen, denn die Forscher trennten bisweilen das Elternpaar durch eine Plexiglasscheibe, was die Beziehung auf Hören, Riechen und Sehen beschränkte. Dennoch blieben die Mäuseriche fürsorgliche Väter. Woraus die Wissenschafter folgerten, dass einer dieser Sinne, also Sehen, Hören oder Riechen (oder möglicherweise eine Kombination daraus), für das unmäusische Verhalten verantwortlich sein müsse.
Mäusefrauen kommunizieren mit Duftmarken
Um es kurz zu machen: Hauptfaktor für die Verhaltensänderung ist das Hören. Wenn die Mäusemütter von ihren Kleinen getrennt sind, stoßen sie spezielle Ultraschall-Rufe aus. Auf diese reagieren die Väter mit dem beispielhaften Benehmen - und zwar auch dann, wenn die Rufe aufgezeichnet sind und aus dem Lautsprecher kommen. Der Blickkontakt spielt also keine Rolle.
Wohl aber der Duft. Das entdeckten die Forscher, als sie den Mäuserichen Wachspfropfen in die Ohren stopften, um sie für die Rufe der Mütter unempfänglich zu machen. Die Mäusemänner
reagierten immer noch mit dem fürsorglichen Verhalten. Woraus zu schließen ist, dass die Kommunikation in Sachen Nachwuchspflege auch über Duftmarken funktioniert.
Und das stellt die Wissenschafter um Hong-Xiang Liu nun vor neue Aufgaben: Nun wollen sie herausfinden, welche moleku-
laren Mechanismen an dem Prozess beteiligt sind und ob die als sozial wirksam geltenden Hormone wie beispielsweise Oxytocin oder Vasopressin eine Rolle spielen, wenn die Frau den Mann darauf hinweist, worin seine Vaterspflichten bestehen. Wie das halt Usus ist - bei Mäusen, wohlgemerkt.