Herrenbauern mussten einst nicht selbst am Hof mitarbeiten. In der Politik ist das natürlich anders.
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Wien behauptet von sich, anders zu sein, Kärnten ist es. Insbesondere politisch ticken die Uhren im Süden anders.
Mit Uwe Scheuch amtiert nun ein "Herrenbauer" an der Spitze des Landes-BZÖ, sein älterer Bruder Kurt ist Klubobmann im Landtag. Als Herrenbauern bezeichnet man in Kärnten jene Bauern, deren Hof mehr als 100 Hektar Land umfasst. Sie mussten auf dem Hof nicht selbst mit Hand anlegen, dafür gab es Gesinde. Das Gegenstück zu den Herrenbauern waren die Keuschler, armselige Kleinstbauern, die zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben hatten.
Mit Bürgern und Adeligen agierten die Herrenbauern in den guten alten Zeiten auf gleicher Augenhöhe, bildeten sie gemeinsam doch die politische und ökonomische Elite. Weniger beliebt waren die Herren bei den Keuschlern und anderen kleinen Leuten, sahen diese in ihnen doch nicht nur den Dienstgeber, sondern auch die Herrschaft.
Im Zuge der sozialen und ökonomischen Umwälzungen nach 1945 verloren die Herrenbauern ihren Einfluss und oft auch ihr Sozialprestige. Kärnten wurde auf Jahrzehnte rot. Bis 1989, da eroberte Jörg Haider erstmals für die FPÖ den Landeshauptmannsessel. Haider war zwar auch Großgrundbesitzer, aber als Oberösterreicher kein alteingesessener Herrenbauer.
Uwe Scheuch könnte bei den Landtagswahlen am
1. März das Rad der Zeit zumindest in dieser Hinsicht zurückdrehen, sollte er den amtierenden Landeschef Gerhard Dörfler zum Verzicht auf die Spitzenkandidatur bewegen können.
Politisch droht kein Rückfall in die Vergangenheit. Scheuch hat alles Elitäre, Herrschaftliche abgelegt und führt ohne Unterlass das Wohl des kleinen Mannes auf der Zunge. Unerlässliche Voraussetzung für das große Ziel, Platz eins vor der SPÖ für das BZÖ zu verteidigen.
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Bald heißt es für einige Minister, die nicht mehr in die neue Zeiten passen, Abschiednehmen. Während bei manchen die Hoffnung zuletzt stirbt, weiß Gesundheits- und Familienministerin Andrea Kdolsky schon seit Monaten, dass ihr Ausscheiden fest steht. Die ÖVP-Politikerin hatte sich in den vergangenen zwei Jahren in atemraubender Geschwindigkeit von einer unorthodoxen Hoffnungsträgerin zur ernsthaften Belastung für die ÖVP entwickelt.
Nun will es Kdolsky nicht mit einer unspektakulären Bilanzpressekonferenz bewenden lassen, sondern lädt für Dienstag gleich zu einer vierstündigen "Bilanztagung" in ihr Ministerium ein. Offensichtlich will sie die gängigen Urteile, die ihr flächendeckend politisches Scheitern bescheinigen, nicht unwidersprochen lassen.
Wesentlich unaufgeregter zelebriert demgegenüber Wirtschaftsminister Martin Bartenstein seinen bevorstehenden Abschied aus dem Ministeramt: Er lädt für Montag zum Heurigen nach Neustift.