Am Dienstag will Michael Häupl bekanntgeben, mit welcher Partei er die Stadt regieren möchte.
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Wien. Knapp eine Woche nach der Wien-Wahl dreht sich naturgemäß die Gerüchtemühle auf Hochtouren und eine Theorie jagt die andere: Wer wird Koalitionspartner der SPÖ? Welche Köpfe werden in der Stadtregierung und sonst wo rollen? Welche inhaltlichen Neuerungen kommen?
In der vergangenen Woche ist viel geschehen: Bürgermeister und SPÖ-Landesparteivorsitzender Michael Häupl wurde trotz Verluste seiner Partei plötzlich zum mächtigsten Mann in der gesamten SPÖ hochstilisiert. Schließlich habe er das erste wirksame Mittel gegen die FPÖ gefunden: eine Haltung, die auf alle Fälle in der Flüchtlingsfrage von Menschlichkeit geprägt ist. Der Status "amtsmüder Auslaufbürgermeister" wurde durch "richtungsweisendes Alphatier" ersetzt. Zumal sich offensichtlich auch Bundeskanzler Werner Faymann ein Vorbild an Häupl nehmen und deutlicher die Anti-Strache-Strategie hervorkehren will. Frei nach dem Motto: Was in Wien geht, könnte doch auch auf Bundesebene funktionieren. Sicher ist das aber keineswegs.
Ludwig stark angeschlagen
Aus dieser Position heraus hat Häupl in demonstrativer Demut gemeint, dass er das Wahlergebnis nicht als Auftrag werte, so weiterzumachen wie bisher. Und seine Aussage, nur den Rasen vor dem Gemeindebau in Ordnung zu halten, sei zu wenig, wurde nicht zuletzt von vielen Genossen als Seitenhieb auf Wohnbaustadtrat Michael Ludwig gewertet. Ludwig sei stark angeschlagen und müsse jetzt als vorschnell gefeierter Favorit für die Häupl-Nachfolge um sein Standing kämpfen, heißt es nun. Auch das schlechte Abschneiden im eigenen Bezirk (Floridsdorf Anm.) bringt Ludwig nicht gerade in eine Position, in der er Anspruch auf höhere Weihen erheben könnte. Außerdem dürfte er der Einzige sein, der sich noch immer nicht deutlich genug von der FPÖ abgrenzt. Womit er natürlich angesichts der "neuen Erfolgslinie" der Wiener SPÖ auf einsamen Posten steht.
Das müsse aber nicht gleich einen Rauswurf bedeuten. "Vielleicht gibt es ja eine andere Aufgabe, die besser zu ihm passt", meint ein kritischer Parteikollege Ludwigs dazu. Außerdem habe dieser noch immer einen sehr großen Rückhalt in der Partei. So einfach werde man ihn also nicht wegbekommen. Näher wollte man sich dazu am Freitag nicht äußern. Sicher ist nur, dass es Verschiebungen innerhalb der Stadtregierung geben wird.
Die Gerüchteküche reicht hier bekanntlich von einem Wechsel des Kulturstadtrates Andreas Mailath-Pokorny zu den Bundestheatern (suchen gerade einen neuen Generaldirektor) über Finanzstadträtin Renate Brauner (könnte in Pension gehen oder Landtagspräsidentin werden) bis zu Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (Kandidat für ein neues Ressort, etwa Wohnbau plus Schul- und Kindergartenneubau) und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (kandidiert Rudolf Hundstorfer für die Hofburg, stünde sie wohl als Sozialministerin bereit; Ehemann Andreas Schieder müsste dann aber vom Sessel des Klubobmanns im Nationalrat in die Wiener Stadtregierung wechseln).
"Rot-Grün ist nicht gesetzt"
Zu all diesen Ungewissheiten kommt noch die große Unbekannte der nächsten Koalition hinzu. Mit nur zwei Optionen sind die hier die Varianten allerdings überschaubar. Aber auch hier wird betont: "Rot-Grün ist nicht gesetzt." Und das soll derzeit auch Häupl selbst intern so artikulieren. Ein Insider formuliert es so: "Irgendwie ist das so wie vor fünf Jahren. Da haben alle geglaubt, Rot-Schwarz ist fix. Dann hat Christine Marek herumgezickt, Häupl hat sich umgedreht und etwas anderes gemacht. Wenn Maria Vassilakou oder Gernot Blümel herumzicken, wird er genau dasselbe tun - ich glaube, so einfach ist das."
Nur von der herrischen Launenhaftigkeit Häupls allein wird die Partnerwahl aber hoffentlich nicht abhängen. Aus SPÖ-Sicht werden in den nächsten Jahren die Themen Arbeitsmarkt und Migration die wichtigsten sein. Und das sind nicht die Stärken der Wiener Grünen. Der Arbeitsmarkt ist es noch nie gewesen und beim Thema Migration würden die Grünen laut SPÖ-Stimmen die "Gutmenschen-Folklore" abziehen. Und das sei gerade nicht sehr en vogue. So weit will die SPÖ dann doch nicht gehen.
Rein inhaltlich tendiert die SPÖ also mehr in Richtung Schwarz. Allerdings würde sich eine Koalition mit nur 51 Mandaten schwierig gestalten. Zumal mit Gudrun Kugler eine konservative Hardlinerin für die ÖVP in den Gemeinderat einzieht, die aufgrund ihrer Haltung viele Vorhaben der SPÖ konterkarieren könnte.
Die Verhandlungsposition Häupls könnte grundsätzlich aber besser nicht sein: Die ÖVP drängt in die Regierung hinein. Da wird der Preis für die SPÖ auch nicht sehr hoch sein. Und auch die Grünen müssen jetzt aufgrund ihrer geschwächten Position nehmen, was sie kriegen können. Für das ursprünglich geforderte Bildungsressort wird es auf jeden Fall seitens der Grünen wenig Verhandlungsmasse geben. Im Rathaus munkelt man darüber, dass die Grünen im Fall eine Koalition den Verkehrsbereich aufgeben und stattdessen den Kulturbereich übernehmen sollen. Schließlich müsse man sich überlegen, wie die Stadtregierung in fünf Jahren dasteht: Ein paar Fußgängerzonen wie die Mariahilfer Straße mehr in der Stadt und die FPÖ hat dann 2020 endgültig gewonnen.
Kopfschütteln über Simmering
Um das zu verhindern, muss aus Sicht der SPÖ auch viel in den Bezirken geschehen. Dass dem Vernehmen nach Eva-Maria Hatzl in Simmering an der SPÖ-Spitze bleiben soll, löst im Rathausklub Kopfschütteln aus. Allein der Wahlkampf sei eine völlige Themenverfehlung gewesen: Vor dem Hintergrund der schwierigen Lebensumstände in Simmering sei das Hauptthema der Bau eines neuen Sammelkanals gewesen. Mit dem Slogan: "Damit Simmering trocken bleibt". Hatzl sei im Umgang mit der FPÖ völlig wort-, rat- und hilflos gewesen. "Dass daraus keine Konsequenzen gezogen werden, hat eine furchtbare Signalwirkung und schadet der Partei", heißt es ebenda.