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Herzlich im Umgang, hart in der Sache

Von Brigitte Pechar

Analysen

Johanna Mikl-Leitner ist die dritte Frau an der Spitze eines Bundeslandes.


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Johanna Mikl-Leitner - 52 Jahre alt, verheiratet und Mutter zweier Töchter - ist erst die dritte Frau an der Spitze eines Bundeslandes. Waltraud Klasnic (ÖVP, 1996 bis 2005), die stets Wert darauf legte, als "Frau Landeshauptmann" angesprochen zu werden, übernahm nach einer krachenden Niederlage der steirischen ÖVP bei den Wahlen 1995 und holte 2000 ein Plus von 11 Prozentpunkten auf 47 Prozent; das verdankte sie nicht zuletzt ihrer Empathie beim Grubenunglück von Lassing 1998, woraufhin sie zur "Landesmutter" aufstieg. Sie pflegte einen ruhigen, angepassten Stil. Frauenpolitik war ihr kein besonderes Anliegen. Bei der Wahlen 2005 war Klasnics Bonus aufgebraucht, die ÖVP verlor Platz eins an die SPÖ.

Gabi Burgstaller pflegte in Salzburg einen anderen Stil: Sie eroberte für die SPÖ 2004 Platz eins von der ÖVP. Jung und ehrgeizig versuchte sie Veränderungen in der Landespartei und brachte sich auch immer wieder offensiv in die Bundespolitik ein - vor allem in der Bildungspolitik gab sie ihrem Parteichef Bundeskanzler Alfred Gusenbauer einige Nüsse zum Knacken. Der im Dezember 2012 bekannt gewordene Finanzskandal bescherte Burgstaller, die wiederholt als Personalreserve für die Bundes-SPÖ gehandelt wurde, bei der Landtagswahl 2013 den Verlust von Platz eins; anschließend zog sie sich aus der Politik zurück.

Jetzt also steht mit Johanna Mikl-Leitner in Niederösterreich die erste Frau vor dem Sprung auf den Chef-Sessel. Sie hat das politische Handwerk in der hochprofessionellen Landes-ÖVP gelernt. Ihr Einstieg war im Wahlkampf 1993 die Organisation der "Initiative für Erwin Pröll" - der Beginn einer Freundschaft und politischen Karriere an der Seite des Landeshauptmannes. Mikl-Leitner zeichnet eine - nahezu bedingungslose - Loyalität zu Pröll aus.

Es folgt eine politische Bilderbuchkarriere: 1995 übernimmt sie die Marketingleitung der NÖ ÖVP; 1998 wird sie Landesgeschäftsführerin; 1999 bis 2003 ist sie Abgeordnete im Nationalrat, ehe sie im April 2003 Landesrätin für Soziales, Frauen und Familie wird; 2011 wechselt sie als Innenministerin nach Wien; im April 2016 holt sie Pröll in Vorbereitung auf die Amtsübergabe nach Niederösterreich zurück und macht sie zu seiner ersten Stellvertreterin und zur Landesrätin für Finanzen.

Die "Hanni", wie Mikl-Leitner gerufen wird, übernimmt von Pröll die letzte absolute Mehrheit in einem Bundesland. Dass sie diese bei der Landtagswahl im Frühjahr 2018 verteidigen wird können, gilt als ausgeschlossen. Die Neue wird daran gemessen werden, ob sie die Verluste der Landes-ÖVP in Grenzen halten, vielleicht den Vierer vor dem Ergebnis retten wird können.

Wie viel Mikl-Leitner vom Führungsstil Prölls übernimmt, wird sich erst zeigen. Sie ist leutselig, gesellig und volksverbunden. Das war auch Pröll - und zudem noch mit einem Hang zum Autoritären. Allüren und Berührungsängste sind der studierten Wirtschaftspädagogin jedenfalls fremd. Sie lacht viel und gerne - auch über sich. Aber sie ist auch eine sehr harte Arbeiterin und eine Kämpfernatur. Das wird sie in der Männer-dominierten Landes-VP auch sein müssen. Und Partei wie Bürger werden sich erst an eine Frau an der Spitze der stärksten schwarzen Landespartei gewöhnen müssen. Das gilt übrigens auch für die Bundespartei.

Mikl-Leitner kommt aus Großharras, einer kleinen Gemeinde im Weinviertel.