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Heuchelei prägt EU-Finanzdebatte

Von Martyna Czarnowska

Analysen

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Was sich Brüssel schon wieder erlaubt: Der Unmut, den die EU-Kommission mit ihrem Budgetvorschlag für 2013 bei den Nettozahlern auslöst, war vorherzusehen. Die Verhandlungen über den Haushalt der Union laufen nämlich immer nach einem ähnlichen Muster ab: Die EU-Kommission schlägt höhere Ausgaben als bisher vor, das EU-Parlament will sowieso mehr Geld, und jene Staaten, die mehr ins Budget einzahlen, als sie daraus zurückbekommen, sind dagegen. Erschwert werden die derzeitigen Verhandlungen dadurch, dass parallel dazu auch die Gespräche über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen beginnen, in dem Ausgaben in Höhe von rund einer Billion Euro für die Jahre 2014 bis 2020 fixiert werden sollen.

Die Entrüstung der Nettozahler, zu denen Österreich zählt, grenzt aber an Heuchelei. Denn sie selbst waren es, die sich mit den anderen Mitgliedstaaten Jahre zuvor auf jene Zahlungen geeinigt haben, die nun von Jahr zu Jahr anfallen. Diese Verpflichtungen fallen in die Berechnungen der EU-Kommission hinein.

Es sind auch die Länder selbst, die sich überlegen müssen, wie sie Sparvorgaben auf der einen Seite mit dem anderen Ziel vereinbaren wollen, Wachstum und Beschäftigung zu fördern. Dieses zweite Ziel spricht nun zwar eine Gruppe von sieben Nettozahlern an. Doch rücken die Staaten in einem Diskussionspapier, das sie in die Finanzdebatte einbringen, erst recht wieder striktere Bedingungen für die Auszahlung der Gelder in den Vordergrund. So verlangen Österreich, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande und Schweden, dass beispielsweise Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds nicht in jene Länder fließen, die ihre wachsenden Budgetdefizite nicht unter Kontrolle bringen.

Zu mehr Haushaltsdisziplin haben sich die EU-Mitglieder - bis auf Großbritannien und Tschechien - aber bereits im Fiskalpakt verpflichtet. Und schon dessen Umsetzung wird schwierig genug. Die Länder müssen den Pakt ratifizieren, in Irland steht ein Referendum darüber an, die niederländische Regierung zerbricht gerade an den Sparmaßnahmen und der französische Präsidentschaftskandidat François Hollande hat gar erklärt, den Vertrag neu verhandeln zu wollen.

Darauf werden sich die anderen Staaten nicht einlassen; was Frankreich möglicherweise gewährt wird, ist ein Zusatzprotokoll, in dem die Wichtigkeit von mehr Wachstum und Arbeitsplätzen betont wird. Doch auch wenn der Fiskalpakt Realität wird, zeigt die Debatte eines: Für Deutschland, das sich besonders für mehr Haushaltsdisziplin eingesetzt hat, wird es wohl immer schwieriger, Verbündete zu finden.

Siehe auch:
EU ringt um mehr Geld