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Afrika nutzt nur rund 17 Prozent seines potenziellen Agrarlandes. Weil zudem 2008 eine Nahrungsmittelkrise die Welt heimgesucht hatte und 14 der weltweit 18 ärmsten Länder in Afrika liegen, zieht der Kontinent wieder einmal "Heuschrecken" an. Sie kaufen oder pachten Landstücke bis zur halben Größe des Landes Salzburg, um Getreide anzubauen oder Nachschub für den Agrosprit zu sichern.
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Die Agro-Prospektoren aus Schwellenländern wie Indien oder Wüstenstaaten wie Libyen suchen Neuland, weil die heimischen Böden nicht mehr ausreichen. Gut, solche Agrar-Exklaven nützen ihnen, nicht aber den Afrikanern. Alarmierend ist, dass Investmentbanker Scheckbücher zücken, weil der durstige Markt für Agrosprit saftige Gewinne verspricht - obschon längst nachgewiesen wurde, dass dieser Treibstoff wirtschaftlich, ökologisch und technisch ein Irrtum ist.
Das erinnert an die Eroberung des Wilden Westens: Der Schnellste steckte seinen "Claim" ab und ackerte. So startete auch einst Europas Wettlauf um Afrikas Diamanten, Kupfer oder Öl.
Entgegen jeder vernünftigen Entwicklungsstrategie bedient Auslandskapital wieder einmal Auslandsmärkte, statt in die Entwicklung Afrikas zu investieren. Stichwörter wie Bildung, Hygiene, Gesundheit und Kindersterblichkeit genügen, um Afrikas Bedarf an reich- und nachhaltigen Investitionen zu unterstreichen. Nicht genug damit: Auf riesigen Anbauflächen züchten Agro-Prospektoren Monokulturen, die ein Hauptziel der propagierten Entwicklungspolitik konterkarieren, nämlich die lokale Selbstversorgung durch kleinräumige Landwirtschaft.
Genau so nutzt Europa Afrika als Müllhalde für Überschuss und Abfall. Da lädt die EU immer wieder in Afrika Überschussgetreide ab, das etwa in Kamerun an die 50.000 Kleinbauern aus dem heimischen Markt warf und die mühsam aufgebaute regionale Selbstversorgung ruinierte. Einige europäische Großbetriebe versorgen die gepflegte Gastronomie und Imbissketten in der EU täglich mit annähernd 2,5 Millionen tiefgekühlten Hühnchen. Qualität garantieren aber nur die Gustostückerln. Der für gehobene Ansprüche weniger gustiöse Abfall wird eingefroren und in Großcontainern zu Dumpingpreisen vornehmlich in Westafrika "entsorgt". Auf den Märkten von Akkra kosten diese Hendl-Reste halb so viel wie heimisches Federvieh. Also verlieren die Bauern einen Markt und das Angebot des Grundnahrungsmittels Ei schrumpft.
Allan Greenspan, Guru der "new economy", beantwortete einst die Frage nach dem Zweck allen Wirtschaftens: "Gewinn machen!" Einwände gegen die deregulierte Marktwirtschaft schmetterte er ab: "Der Markt regelt sich selbst." Nach dem Absturz in die Krise bekannte er dann, die "new economy" sei "leider ein Irrtum".
Die Zeche dafür zahlt auch Afrika, wo 50 Prozent der Menschen bettelarm sind und jeder Vierte zumindest zeitweise hungert - Tendenz steigend.