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Heute schon die Oma gegossen?

Von Judith Belfkih

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Die zunehmende Individualisierung der menschlichen Lebensbereiche macht vor keinem Thema halt. Auch nicht vor dem Leben nach dem Tod - zumindest in Bezug auf die sterblichen Überreste. Kurz vor dem nahenden Heiligen- und Seelenfest flattert wieder Werbung für die Planung der eigenen Bestattung ins digitale Postfach. Gestalteten sich die Wahlmöglichkeiten der letzten Ruhestätte in der Vergangenheit relativ überschaubar - etwa zwischen dem Familiengrab der Herkunftsfamilie oder doch neben der Schwiegermutter -, so hat die sich immer mehr ausdifferenzierende Dienstleistungs- und Erlebnisgesellschaft auch in diesem Bereich eine Vielzahl an Alternativen geschaffen - mit einem letzten persönlich gestalteten Statement.

Die Palette ist umfassend wie das Leben: Da gibt es die Luxusklasse der Edelsteinbestattung, bei der die Liebe zu einem nahen Menschen sich in absoluter Schönheit "verfestigen" soll - beworben mit "ein Juwel von einem Mensch" - Kostenpunkt zwischen 1200 und 50.000 Euro, je nach Karat. Schlichter sind die vielen Formen der Naturbestattung - die Donau, Seen, ein Baum, ein Berg oder die Luft können hier als letzte Wohnstatt gewählt werden. Das Motto dabei: "Freiheit für die irdische Hülle". Jüngstes Produkt ist die erste bepflanzbare Urne, bei der Hinterbliebene die Rückkehr ihrer Liebsten - genauer gesagt der Nährstoffe in deren Asche - in den ewigen Kreislauf der Natur in edelem Augarten-Porzellan im eigenen Wohnzimmer erleben können. "Erinnerung erblüht, im eigenen Zuhause" wird das 700-Euro-Produkt beworben. Das Leben nach dem Tod war schon immer ein lukratives Geschäft.