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"Hier endet meine Toleranz"

Von Walter Hämmerle

Politik
Norbert Hofer, noch 44, seit 2013 für die FPÖ Dritter Nationalratspräsident.
© Foto: Moritz Ziegler/Wiener Zeitung

Interview mit Norbert Hofer (FPÖ).


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"Wiener Zeitung": Wie schaffen Sie es, das Image des FP-Chefideologen mit dem des netten Gesichts der Strache-Partei zu verbinden?

Norbert Hofer: "Chefideologe" ist ein weiter Begriff, ein Parteiprogramm schreibt man nicht alleine. Ich habe versucht, die verschiedenen Ideen dann kurz und kompakt zusammenzubringen.

Politische Gegner zeichnen Sie trotzdem als "Wolf im Schafspelz", als freiheitlichen Hardliner?

Dazu hat Jörg Haider einmal etwas Gescheites gesagt, nämlich dass es besser sei, ein Wolf im Schafspelz zu sein, als ein Schaf im Wolfspelz. Und da hat er recht gehabt. Natürlich muss man in der Politik seine Grundsätze und Überzeugungen konsequent einbringen und umsetzen. Ich versuche, in der Sache konsequent zu sein, aber dem Gegenüber Respekt zu zollen, niemanden zu beleidigen oder sonst wie unter der Gürtellinie anzugreifen.

Wie sind Sie zur Politik gekommen? Im vollen Namen heißen Sie Norbert Gerwald Hofer: Stammen Sie aus einer Familie, die schon immer dem Dritten Lager im rot-schwarzen Burgenland anhing?

Mein Vater hieß Gerwald und war sogar ÖVP-Gemeinderat. Bei uns zu Hause wurde schon beim Mittagstisch immer über Politik diskutiert. Heftig wurde es dann bei großen Familienfeiern: Mein Großvater hat eine Fabrik besessen und hat sich immer fürchterlich über die seiner Meinung nach schlechte Wirtschaftspolitik beschwert. Mein Onkel war SPÖ-Mitglied und Bezirkshauptmann, er hat politisch die andere Seite abgedeckt. Diese Debatten haben mich geprägt und ich finde es sogar gut, wenn die jeweiligen Standpunkte emotional vertreten werden.

Wasmacht für Sie einen guten Österreicher, eine gute Österreicherin aus?

Mein Idealbild eines Österreichers ist einer, der an dieses Land glaubt, der Freude hat, hier zu sein, weil es einfach ein wunderbares und wunderschönes Land ist: die unglaubliche Natur, die Bildungschancen, die Kultur.

Das große Thema unserer Zeit lautet allerdings: Welche Rolle spielen Religion, Herkunft, Sprache und Kultur, wenn es um Identität geht?

In unserer Verfassung ist die Religionsfreiheit festgeschrieben; ich halte das für wichtig: Niemand soll die Möglichkeit haben, anderen seine Ansichten aufzuzwingen. Freiheit ist unser höchstes Gut. Was ich damit meine: Ein Hindu soll mich nicht davon abhalten können, einen Tafelspitz zu essen. Wenn das sichergestellt ist, funktioniert auch das Zusammenleben.

Gehört der Islam, gehören die Muslime zu Österreich?

Die Missinterpretation des Islam gehört nicht zu Österreich.

Das war nicht meine Frage.

Dann formuliere ich es so: Muslime gehören dann zu Österreich, wenn sie bereit sind anzuerkennen, dass es auch andere Meinungen und Religionen in diesem Land gibt, dass niemand jemanden tötet, nur weil er eine kritische Karikatur des Propheten zeichnet. Wenn das sichergestellt ist, ist es mir völlig egal, welcher Religion jemand anhängt.

Mord und Gewalt regeln Gesetz. Von daher spricht also nichts gegen den Bau von Moscheen mit Minaretten, oder?

Da vertrete ich eine harte Position. Vom türkischen Staatspräsidenten stammt der Satz, die Minarette seien die Speere des Islam - ich will keine Islamisierung.

Wie passt diese Haltung zu Ihrem Freiheitsverständnis? Ein Moscheebau, selbst dann, wenn diese über ein Minarett verfügt, beeinträchtigt Sie nicht in Ihrer Freiheit.

Ich will kein mehrheitlich von Muslimen dominiertes Österreich, hier endet meine Toleranz.

Trotzdem bleibt der Widerspruch zu Ihrem Freiheitsbegriff.

Ich will kein Signal setzen für ein Ausmaß an Zuwanderung, mit der wir ein Problem bekommen. Wenn der jetzige Trend anhält, wird es 2050 bei den bis 14-Jährigen eine muslimische Mehrheit geben. Und ich kenne kein Land mit muslimischer Mehrheit, wo es ein friedliches, tolerantes Zusammenleben mit Christen gibt. Deshalb lehne ich eine verstärkte Zuwanderung aus muslimischen Ländern ab. Wer sein Freiheitsempfinden lebt, muss auch bereit sein, seine Freiheit zu verteidigen.

Österreich ist weit davon entfernt, eine muslimische Mehrheit aufzuweisen. Österreichweit waren es 2012 knapp 7 Prozent, in Wien rund 13 Prozent.

Der Trend zeigt steil nach oben.

Mit christlichen Symbolen in der Öffentlichkeit haben Sie kein Problem, selbst wenn das Christentum zur Minderheit würde?

Nein, weil unsere liberale Gesellschaft aus den Werten des Christentums und des Judentums entstanden ist, die sich dann zu Humanismus und Aufklärung weiterentwickelt haben. Deshalb will ich das Kreuz weiter in den Klassenräumen hängen sehen.

Dabei war der Kampf gegen die katholische Kirche einmal ein Kernelement des Dritten Lagers.

Historisch stimmt das, aber solche Weiterentwicklungen gibt es auch bei Sozialdemokraten und Christdemokraten.

Ist Österreich ein Einwanderungsland?

Ich betrachte Einwanderung als Salz in der Suppe einer Gesellschaft. Mit einem gewissen Maß kann man durchaus leben. Aber wir sind kein Einwanderungsland im klassischen Sinn, das nur durch Zuwanderung weiter bestehen kann. In den letzten Jahren sind unbestreitbar viele fleißige und tüchtige Menschen zu uns gekommen, aber eben auch sehr viele, die vom Sozialstaat leben.

Sie wollen das Amt des Bundespräsidenten mit jenem des Kanzlers zusammenlegen und verweisen diesbezüglich auf Frankreich. Allerdings hinkt der Vergleich, weil das französische Mehrheitswahlsystem für klare Verhältnisse im Parlament sorgt.

Diese Frage müssen die Bürger entscheiden, dazu braucht es natürlich eine Volksabstimmung. Ich will das Parlament stärken.

Wenn Sie das Parlament stärken wollen, wäre es doch einfacher, wenn der Bundespräsident seine Rolle bei der Regierungsbildung an den Nationalrat abgeben würde.

Das ist aber nicht mein Weg. Der Bundespräsident ist das einzige direkt gewählte Organ auf Bundesebene, deshalb muss auch seine Rolle gestärkt werden.

Die Stärkung des Parlaments lässt sich mit der Aufwertung des Bundespräsidenten nicht vereinen.

Doch, das Parlament muss sich als Gesetzgeber stärker positionieren. Das ließe sich sehr wohl mit einer Stärkung der Exekutive mit dem Präsidenten an der Spitze verbinden.

Alle Bewerber werden gefragt, ob sie denn einen FPÖ-Kanzler ernennen würden: Wie steht es für Sie mit einem Grünen als Kanzler?

Natürlich, wenn die Grünen stärkste Partei werden und eine Mehrheit im Nationalrat zustande bringen. Als Bundespräsident werde ich Mehrheiten akzeptieren, die bei Wahlen zustande gekommen sind.

Als Strache den Kanzler als "Staatsfeind" bezeichnete, ist Bundespräsident Fischer eingeschritten. Würden Sie auch so handeln?

Nein, meines Wissens hat sich der Bundespräsident auch nicht zu Wort gemeldet, als ein SPÖ-Mitarbeiter mir kürzlich das "Krüppellied" gewidmet hat. Aber darum geht es nicht. Man darf hier nicht wehleidig sein. Mich kränken persönliche Angriffe nicht, es sei denn, es ist jemand, der mir nahesteht.