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Hier rappt und rockt der Bär

Von Markus Kauffmann

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Markus Kauffmann , seit 22 Jahren Wiener in Berlin, macht sich Gedanken über Deutschland.

Wirtschaftlich steht Berlin nicht gerade auf starken Beinen. Doch eine Hoffnung gibts: Die Musikbranche an der Spree summt und brummt. Gegen jeden Trend gehen Umsätze aufwärts. | Wer kennt die Zahl, wer nennt die Namen? Kundige mögen mir verzeihen, dass ich nicht in die Höhen des Pop-, Rock- und Hiphop-Himmels oder in die Tiefen der Punk-, Grunge- oder Metal-Hölle vorgedrungen bin. Als reiferer Jüngling stehe ich dieser Kultur mit ihren rasch wechselnden Moden eher hilflos gegenüber.


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Doch als Wahlberliner beobachte ich mit Freuden, welch wirtschaftliches Entwicklungspotenzial in eben jener Kultur steckt.

Während der Umsatz der Musikbranche in Deutschland seit zehn Jahren stetig schrumpfte, hat er sich in Berlin mehr als verdoppelt. Stolze 1,13 Milliarden Euro meldet die jüngste Jahresstatistik.

Das ist in einer Stadt mit eher trüben Wirtschaftsdaten ein Silberstreif am Horizont. Rund 1500 Unternehmen beschäftigen mehr als 6000 Mitarbeiter.

Ungezählt indes bleibt die Menge der Kreativen in den unterschiedlichsten "Scenes", die der aus Seattle stammende Produzent Gordon Raphael ("Strokes"), der sich in Berlin niederließ, so beschreibt: "a druggy, messy culture".

Dieser Bodensatz an verrauchten aber unverbrauchten, schrägen aber experimentierfreudigen Musikrebellen bildet das Flair der deutschen "City of Pop".

Anders als zu verschlafenen Mauerzeiten verfügt die Spreemetropole heute über klingende Marken-Namen: Der Weltmarktführer "Universal" hat hier sein Domizil aufgeschlagen, ebenso die EMI-Tochter "Labels", Jack White produziert seit 1999 in Berlin, Cityslang, V2, Kitty Yo und so weiter - bis hinunter zu 500 weiteren Klein- und Kleinst-Plattenfirmen - und jährlich kommen 30 neue Labels hinzu.

Auch die Clubszene blüht - wenn auch im Verborgenen. 40 Clubs sind offiziell registriert, tatsächlich aber sind es wohl 200. Mundpropaganda und Internet sorgen für Reklame.

Gefüllt werden die Lokale von den aufstrebenden Talenten und ihrer Entourage, aber vor allem wochenends von erlebnishungrigen "Touris" aus der deutschen Provinz, die das verruchte Nachtleben des sündigen Berlin in vollen Zügen schnuppern und "schnupfen" wollen.

Das ist freilich noch nicht das Big Business, das sind eher die brotlosen Talenteschmieden, aus denen schon einige Renner hervorgegangen sind: Von den Rock-Klassikern "Einstürzende Neubauten" und "Rammstein" bis zur Reggae-Formation "Seeed", der Popband "Wir sind Helden" oder den softeren "Rosenstolz".

Obwohl noch einiges im Argen liegt in der "City of Pop" - so fehlt es zum Beispiel an schnellen Flugverbindungen, an einem finanzkräftigen Umfeld und so weiter - gibt es doch einiges, was Musiker hierher zieht. Zum Beispiel die relativ günstigen Mieten, sowohl fürs Wohnen als auch für Tonstudios oder Übungsräume.

Auch die Infrastruktur für die Neuen Medien ist in der Stadt dichter und moderner ausgebaut als irgendwo anders. Selbst an staatlicher Unterstützung mangelte es nicht. In den Achtziger- und Neunziger-Jahren gab es sogar einen "Rockbeauftragten" des Berliner Senats.

Dennoch, die Musik entspricht dem Berliner Ambiente, "home-made", schmuddelig, improvisiert und innovativ. Vor kurzem war im Berliner Kronprinzenpalais die Ausstellung: "Rock - Jugend und Musik in Deutschland" zu sehen. In einer Rezension schrieb der "Tagesspiegel": "Und dann ist da noch der Nebenraum im ersten Stock, in dem der elektronischen Musik der 90er Jahre ein zweifelhaftes Denkmal gesetzt wird. Er ist klein, spärlich möbliert und an den Wänden weiß gekachelt. In einer Ecke stapeln sich leere Alkoholflaschen. Der trostlose Raum soll den Prototyp eines Berliner Clubs darstellen, wie die Hinweistafel erklärt. Nicht sehr nett, aber treffend."