Sveta Kundish widmet sich jiddischer, jüdischer und hebräischer Musik.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Sveta Kundish hat die jiddische Sprache von Kindesbeinen an im Ohr. "Meine Mama und der Onkel haben oft mit ihren Eltern jiddisch gesprochen, wenn sie etwas vor uns Kindern verstecken wollten." Und später, im auf Musik-Gymnasium in Tel Aviv, hat Kundish Jiddisch sogar als zweite lebende Fremdsprache gewählt. Es war die einzige Schule in Israel, an der diese Sprache unterrichtet wird, erzählt Kundish.
Die Sängerin, die seit vier Jahren in Wien lebt, ist nun im Rahmen des Jiddischen Kulturherbst, einer Initiative des Jüdischen Instituts für Erwachsenenbildung, in Wien zu hören, der am Sonntag mit einem Auftritt des Wiener Jüdischen Chors im Konzerthaus beginnt. Sveta Kundish ist am 22. Oktober im Theater-center-Forum mit dem Programm "Die Goldene Pave" ("Der Goldene Pfau") zu hören. Als Gast begrüßt sie Alan Bern am Klavier, musikalischer Direktor von "Brave Old World" und weltweit führender jiddischer Musiker.
In Israel werde das Jiddische weit weniger geschätzt als in Europa, erzählt Kundish. Die offizielle Sprache sei Hebräisch, Jiddisch werde als Schtetl-Sprache gesehen und darauf herabgeschaut. Nur jene orthodoxen Juden, die Hebräisch nur als Religionssprache verwenden, greifen im Alltag zuweilen auf das Jiddische zurück. "Jiddisch ist eine Sprache, die in Israel einfach nicht willkommen ist. In Europa ist das ganz anders. Hier gibt es auch nichtjüdische Menschen, die die Sprache aus Interesse erlernen."
Eine lebendige Sprache
Eine Sprache im Übrigen, die durchaus lebendig ist. Auch moderne Begriffe haben hier Einzug gehalten. Aeroport ist beispielsweise das Wort für Flughafen. Kundish betont: "Jiddisch ist ein Teil von mir. Wenn ich diese Musik höre, dann spüre ich etwas Besonderes." Da mache es auch nichts aus, wenn sie nur von der jiddischen Musik nicht leben könne. "Ich habe mich entschieden, zu machen, was ich liebe."
Religiosität sei übrigens nicht nötig, um jiddische Musik zu spüren. "Ich selbst bin gläubig, aber nicht religiös." Jiddische Musik ist für sie ohnehin nicht nur "Musik für Juden". So wie die Flamenco-Musik heute über die Grenzen Spaniens hinaus beliebt ist, sei auch jiddische Musik für alle da.
Kundish kam 1982 in der heutigen Ukraine zur Welt. Die Familie stammte aus "einem kleinen jiddischen Schtetl", wie sie erzählt. In ihrer Kindheit ist sie oft umgezogen, "mein Papa war beim Militär". 1995 wanderte die Familie nach Israel aus. Da hieß es für sie das erste Mal, sich auf eine neue Sprache - Hebräisch - einzustellen.
Vor vier Jahren, als sie nach Wien kam, musste sie ins Deutsche eintauchen. Keine leichte Aufgabe, wenn man Jiddisch spricht: "Etwas zu korrigieren ist viel schwieriger als etwas völlig Neues zu lernen. Deutsch ist nun einmal die Mutter der jiddischen Sprache. Aber die Aussprache ist ganz anders, die Grammatik. Jiddisch ist eben doch etwas Eigenständiges." Inzwischen spricht sie neben Jiddisch noch Russisch, Ukrainisch, Hebräisch und Englisch auch fließend Deutsch.
Kundish gibt derzeit im Rahmen des Projekts "Superar", das Kinder aus eher bildungsfernen Schichten über Musik fördert, Musikunterricht in vier Wiener Volksschulklassen. Das Chorsingen fördere nicht nur die Konzentration und das Zusammengehörigkeitsgefühl, sondern auch die Kommunikation, betont Kundish.
Nach der Schule hat sie an der Universität Tel Aviv Musikwissenschaft studiert und bei Nechama Lifschitz, einer aus Litauen stammenden jiddischen Sängerin, die 1969 nach Israel gekommen war, Gesangsunterricht genommen. Dass sie sich selbst ganz diesem Fach verschreiben würde, war damals allerdings noch nicht klar. Denn eigentlich sah sie sich in Richtung klassische Musik gehen. Auch nach Wien ist Kundish gekommen, um Opernsängerin zu werden.
"Aber hier habe ich dann gesehen: Meine Nische ist die jiddische Musik." Inzwischen singt sie auch Ladino und hebräische Lieder. "Ich bin sehr froh, dass ich nach Wien gekommen bin. Denn wäre ich in Israel geblieben, wäre ich nun klassische Sängerin."