Zum Hauptinhalt springen

"Hier zählt nur Basketball"

Von Nedad Memic

Politik
Das U12-Team gehört bereits zu Österreichs Spitze in dieser Altersklasse.
© Memic

Basketball muss in Wien nicht nur eine Randsportart sein: Das zeigt der multiethnische Verein Stars.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Bewegen, schnelle Entscheidungen treffen, nicht zu lange warten", ruft Trainer Ramiz Suljanovic einer Gruppe von Buben zu, die sich auf dem Parkett der Askö-Halle in der Donaustädter Bernoullistraße zu ihrem regelmäßigen Basketballtraining am Samstag versammeln. Der gebürtige Bosnier Suljanovic ist ein bekannter Name des österreichischen Basketballsports: Seit 2002 spielte der ehemalige bosnisch-herzegowinische Nationalspieler in verschiedenen österreichischen Klubs: Mit Klosterneuburg gewann er sogar den österreichischen Meistertitel. Parallel zu seiner aktiven Sportkarriere, die vergangenes Jahr endete, ist der 38-Jährige das Alpha und Omega des Wiener Basketballvereins Stars.

Die Idee, basketballbegeisterte Kinder in einem Sportverein zu versammeln, kam 2013: "Meine Freunde aus dem bosnisch-herzegowinischen Kulturverein Mostovi traten an mich heran mit der Bitte, einen Sportklub für Kinder auf die Beine zu stellen. Ich war von Anfang an von dieser Idee begeistert", erzählt der ehemalige österreichische Basketball-Profi.

Am Anfang traten 20 Kinder zum Verein bei, in den vergangenen vier Jahren entdeckten dort einige hundert Kids ihre Liebe zum Basketball. Momentan zählt der Donaustädter Verein mit seinen U14-, U12-, U10-Teams und einer Mini-Sportschule für Kinder von sechs bis zehn Jahren rund 80 aktive Mitglieder. An interessiertem Nachwuchs fehle es nicht, erzählt Suljanovic.

Bosnier, aber nicht nur

Mit hochmotivierten Kids kamen auch relativ schnell zahlreiche und wichtige Erfolge: "Wir waren bereits mit unserem U10-Team einmal Zweite und einmal Dritte in Österreich", sagt der Trainer. Die größten Erfolge feierte bisher der junge Verein mit seiner U12-Mannschaft: Ende Mai gewannen sie beim österreichischen U12-Mini-Cup den ersten Platz, in der Wiener Liga waren sie gleichzeitig Zweite. "Unser U12-Team gehört bereits zu Österreichs Spitze in dieser Altersklasse", ist Suljanovic stolz.

Zu den Stars-Teams gehören vorwiegend Kinder bosnischstämmiger Eltern. Einer, der hier bereits seit dem Anfang dabei ist und ein Teil des erfolgreichen U12-Teams ist, ist Emir Serdarevic. "Dieser Sport gefällt mir, weil wir hier nur als Team gute Resultate erzielen können", erklärt der 13-jährige Gymnasiast, der auf jeden Fall auch weiterhin Basketball trainieren möchte und ab September Teil des U14-Teams werden wird.

Die Begeisterung für diese Sportart hat er von seinem Vater Sead, der 1999 aus dem bosnischen Zenica nach Wien kam. "Im Verein Stars geht es um viel mehr als nur Sport. Uns sind Beisammensein und Gemeinschaftssinn hier besonders wichtig", sagt Sead Serdarevic, der in Bosnien-Herzegowina selbst Basketball spielte und seinen Sohn regelmäßig zu Trainings begleitet.

Obwohl die meisten Kids Bosnisch als Familiensprache haben, erfolgen alle Trainings auf Deutsch. "Unsere Kinder haben zwar bosnische Herkunft, sie sind aber alle hier geboren und sind auch Wiener und Österreicher", sagt Serdarevic. Im Verein spielen neben den bosnischstämmigen auch autochthone österreichische Kinder. Einer von ihnen ist der 11-jährige Jonas Winklbauer. Durch einige Freunde in der Schule erfuhr er von den Stars und ist seit einem Jahr dabei. "Alle hier sind super nett, wir funktionieren als Team sehr gut zusammen", sagt uns Jonas in der Trainingspause. Auch für Ramiz Suljanovic spielt die Herkunft der Kinder keine Rolle: "Für uns hier zählt nur Basketball. Alle Kinder, egal welche Herkunft sie haben, sind uns herzlichst willkommen", so Suljanovic, dem bereits seit der Vereinsgründung der Integrationsgedanke ein wichtiger Motivationsfaktor war: "Ich wollte den Kindern zeigen, dass Sport eine wunderbare Möglichkeit ist, Freundschaften zu schließen und über den Tellerrand zu schauen", so der Profi-Basketballer.

Schwierig, Hallen zu finden

Die Stars finanzieren sich vorwiegend aus Mitgliedsbeiträgen. Vieles würde hier ohne ehrenamtliches Engagement von Vereinsmitgliedern, insbesondere Eltern, nicht funktionieren. Und wie die Kids auf dem Parkett gut zusammen funktionieren, so tun es auch ihre Eltern: "Auch wir haben durch unsere Kinder wunderbare Freundschaften geschlossen: Wir spielen zweimal wöchentlich Basketball und helfen bei allen Turnieren aktiv mit. Außerdem zeichnen einige von uns für den Facebook- und YouTube-Auftritt des Vereins verantwortlich", sagt uns Sead Serdarevic.

Der Verein beschäftigt momentan vier Trainerinnen und Trainer, seit einigen Jahren findet auch am Ende jedes Schuljahres ein dreitägiges Sportcamp statt. Die größten Ausgaben erfolgen momentan für Hallenbeiträge: Es wird an vier Standorten in Wien trainiert, eine freie Halle mit erschwinglichen Preisen zu bekommen, sei wegen Überbuchung besonders schwer, klagt Suljanovic.

"Es gibt noch viel zu tun"

Aber auch in der Nachwuchsförderung herrsche in Wien Handlungsbedarf: "In Wien existieren momentan mindestens zehn Basketballvereine für Kinder: Motivierte Kinder gibt es in unserer Stadt genug. Aber in Sachen Qualität, Organisation und finanzielle Unterstützung gibt es noch viel zu tun", erklärt Suljanovic. Das Budget vieler Vereine sei knapp, damit leide auch die Trainingsqualität, weil vor allem das erfahrene Trainerpersonal entsprechend teuer sei.

"Wir kämpfen immer noch mit der Tatsache, dass Basketball in Wien ein Randsport ist und so auch wahrgenommen wird. Kinder bzw. Junioren trainieren hier immer noch zu wenig im Vergleich zu anderen europäischen Nationen. Das wirkt sich dann auch auf ihre internationalen Ergebnisse aus", stellt Suljanovic mit Bedauern fest.

Insbesondere in der Wiener Balkan-Community ist Basketball eine beliebte Sportart. Kein Wunder, denn das ehemalige Jugoslawien und seine Nachfolgestaaten gehören zu den Top-Basketballnationen der Welt.

In Wien arbeiten mehrere Teams mit Trainern und Kids daran, diesen Sport mehr als aufleben zu lassen. Auch Sportklubs mit serbischem und kroatischem Migrationshintergrund wie basket2000 vienna oder BC Halmann Vienna - mit dem langjährigen und in der Balkan-Community bekannten Trainer Zeljko Racic - arbeiten seit vielen Jahren intensiv mit dem Basketball-Nachwuchs in Wien zusammen.