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Der Film "Luthers letzte Reise" (ARD) am späten Mittwochabend gab sich anspruchsvoller, als er war. Wie viele zeitgenössische Geschichtsfilme zeigte auch er Leben und Sterben des Reformators nicht in streng chronologischer Folge, sondern retrospektiv: Dr. Martin Luther saß bei Tisch, erzählte sein Leben, und während er redete, wurden Szenen aus seinem Leben als Spielfilm eingeblendet. Und nachdem er sein Leben erzählt hatte, nahte auch schon bald sein Tod, mit dem der Film endete.
Dieser schauspielerisch gestaltete Strang des Films wurde mehrmals von dokumentarischen Einsprengseln unterbrochen: Urkunden und Handschriften wurden ins Bild gerückt, historische Stätten wurden gezeigt und von einer Erzählstimme aus dem Off kommentiert. Allerdings enthielt diese recht attraktive Präsentationsform keinerlei neue Deutungen der epochalen Gestalt Luthers. Wie in den beschaulichen LutherBiografien früherer Zeiten reihte sich ein Höhepunkt an den nächsten. Man sah das schreckliche Gewitter, das Luthers religiöse Erweckung hervorrief, man sah den Reformator beim Verbrennen der päpstlichen Bannbulle, sah ihn kraftvoll seine 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg nageln und auf dem Wormser Reichstag stehen und sprechen: "Hier stehe ich und kann nicht anders."
Der Film ließ also alle heroischen Stationen des Reformatorlebens Revue passieren, die man als Kind schon im Religions- oder Konfirmandenunterricht auswendig gelernt hat. Das aber war ein bisschen zu wenig - zumindest für einen protestantisch erzogenen Zuschauer.