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Handelsagenten bieten Netzwerk. | Verantwortlicher "Statthalter" für abgegrenztes Gebiet. | Wien. Angenommen, man erzeugt Strickjacken im Waldviertel. Das Geschäft geht gut, der Abnehmerkreis reicht jedoch kaum über die niederösterreichischen Grenzen hinaus. Aber man hat eine leise Ahnung, dass es in Südtirol großes Interesse für diese Produkte geben könnte - Auftritt Handelsvertreter.
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"Denn als Unternehmer habe ich die Wahl", erklärt Walter Krammer, der Obmann des Landesgremiums Wien der Handelsagenten:
"Entweder setze ich mich selbst ins Auto und fehle dann im Betrieb zuhause; oder ich schicke einen Mitarbeiter auf Außendienst nach Südtirol. Ihm muss ich dann zusätzlich zu seinem Gehalt Diäten, Auto und Übernachtung abgelten. Allerdings wird auch mein Mitarbeiter erst mühsam Kontakte knüpfen müssen. Oder aber ich wende mich an einen Handelsvertreter: Jemand, der in diesem Gebiet schon die einschlägigen Modegeschäfte kennt, und der in meinem Namen Aufträge anbahnen kann." Außerdem könne man sich bei dem Handelsagenten über Größe und Bonität möglicher Vertragspartner informieren.
Der Handelsagent stellt Kontakte zwischen einem Erzeuger oder Importeur und einem Abnehmerbetrieb her. "Es geht immer um B2B, also business to business. Aber nicht nur der Handel wird bedient, sondern auch öffentliche Stellen, wie etwa Spitäler oder Gewerbebetriebe", meint Krammer, der selbst als Handelsagent in der Möbelbranche tätig ist.
Der Handelsvertreter arbeitet im Namen der auftraggebenden Firma, aber auf eigene Rechnung und eigenes Risiko. Er wird daher abwägen, ob er die Vertretung eines neuen Produktes übernehmen wird oder nicht; denn mit einem chancenlosen Produkt oder einem aus einer Sparte, in der er keine Kontakte hat, wird es schwer, genügend Abnehmer zu finden.
Stichwort Provision
Der Vertrag mit einem Handelsvertreter ist meist unbefristet. Der Agent wird in einem abgegrenzten Gebiet allein für den Vertrieb verantwortlich; der Auftraggeber setzt mit ihm eine "Art Statthalter" ein, formuliert es Krammer. Im Gegenzug kassiert der Agent Provision für alle Aufträge, die in diesem Gebiet zustande kommen. Darunter fallen daher nicht nur die Verträge mit Erstkontakt, sondern auch Folgeverträge. Die Höhe des Umsatzes hat auf die Provision jedoch keinen Einfluss. Die Provisionshöhe ist vertraglich zu vereinbaren. Sie ist nicht nur von der Beschaffenheit der Ware abhängig, sondern auch von der Herausforderung für den Agenten: "Für eine unbekannte Firma aus dem Waldviertel ist es natürlich am Anfang schwieriger, Aufträge an Land zu ziehen, als für eine gängige Marke. Man kann aber mit dem Handelsvertreter vereinbaren, dass nur in den ersten zwei Jahren die Provision höher ausfällt: Wenn der Name erst einmal etabliert ist, wird der Aufwand des Vertriebes geringer, und die Provision kann dementsprechend auch kleiner ausfallen", weiß Walter Krammer.
"Es ist wie bei anderen Berufen auch: Entweder das Unternehmen hat eine Rechtsabteilung, oder es muss sich eine Kanzlei dafür suchen. Der Handelsvertreter übernimmt Agenden, die sonst der Vertriebsabteilung obliegen." Natürlich können beide auch parallel nebeneinander existieren: Ein Handelsagent zahle sich aber beispielsweise aus, wenn es um die Eroberung ausländischer Märkte gehe, meint Krammer. Denn durch Sprachbarrieren werde die Geschäftsanbahnung im Regelfall ja erschwert.
Grenzübergreifend
Auf der Homepage des Bundesgremiums der Handelsagenten (Commercial Agent) finden nicht nur inländische Unternehmer einen für sie geeigneten Vertreter (nach Branche geordnet). Es stehen rund 9000 österreichische Agenten zur Auswahl; "die meisten Zugriffe sind aus Deutschland, Italien und den USA. Dort ansässige Firmen suchen Vertriebspartner in Österreich. Auch gibt es einen Link um Handelsvertreter aus anderen Ländern zu suchen. Die Märkte werden immer internationaler", betont Krammer die Wichtigkeit seiner Branche. Insgesamt sind 470.000 Handelsvertreter in Europa, Nord- und Südamerika tätig, die jährlich einen Warenumsatz von 2100 Milliarden Euro erwirtschaften.
www.commercial-agent.at