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"Wos geh'n mi di Indiana an?", bemerkte ein Passant, als vor mittlerweile zwei Jahren Mitglieder der Unterstützungsgruppe AKIN gemeinsam mit Indigenen aus Britisch-Kolumbien vor der kanadischen Botschaft in Wien für die Anerkennung der Landrechte der indigenen Völker demonstrierten. Trotz - oder gerade wegen - dieser Haltung bemüht sich der Arbeitskreis Indianer Nordamerikas (AKIN) seit 21 Jahren, indigene Völker jenseits des "großen Teiches" zu unterstützen. Dem "Warum" ist die "Wiener Zeitung" nachgegangen.
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Die Kultur der Indianer ist für viele etwas Faszinierendes. Um Tipis, Friedenspfeifen, Kriegsbeile und Marterpfähle ranken sich auch in Europa viele Legenden, Fehlinformationen und zum Teil rassistische Überlieferungen. Den Nebel dieser Mythen zu lichten und die Indianer vor den Vorhang der von Weißen erzählten Geschichte zu holen, hat sich AKIN zum Ziel gesetzt.
Im Frühjahr des Jahres 1981 setzten sich nach dem Vortrag des deutschen "Indianerjournalisten" Claus Biegert in Wien ein paar Leute zusammen, die von der Blutsbrüderidylle nicht zu beeindrucken waren. "Schon seit den 30er Jahren gab es immer wieder Bemühungen von Seiten der indigenen Völker, einen Fuß in denVölkerbund, und danach in die UNO, zu bekommen", erläutert Peter Schwarzbauer, ein leitendes Mitglied von AKIN, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er ist, wie alle anderen Mitglieder auch, ehrenamtlich tätig. ,"Viele der späteren AKIN-Unterstützer kannten einander von diversen Veranstaltungen zum Thema. Seit dem Vortrag von Biegert treffen wir einander regelmäßig - mit nur wenigen Ausnahmen - am Montag ab etwa 20 Uhr im America Latina im sechsten Bezirk (Eingang Mollardgasse)", erzählt Schwarzbauer.
Interessenten seien jederzeit eingeladen, versichern alle Anwesenden, als die "Wiener Zeitung" eines dieser Treffen besucht. Nur am ersten Montag im Monat gibt es ein rein vereinsinternes Meeting. Ansonsten werden aktuelle Probleme erörtert, Unterstützungsmaßnahmen organisiert, die Öffentlichkeitsarbeit und die Betreuung von indianischen Gästen geplant. Seit der Gründung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) - Österreich im Jahre 1985 ist AKIN Bestandteil der Menschenrechtsorganisation.
Keine Blutsbrüder, aber doch Verwandte
"Die indigenen Völker Nordamerikas sind die am wenigsten vertretene Bevölkerungsgruppe in der internationalen Gemeinschaft", erläutert Schwarzbauer. Durch die Tatsache, dass sie keine Nationalstaaten gebildet haben - nach der UNO-Definition -, hätten Indianer nur sehr beschränkten Zugang zu Entscheidungsgremien und keine Möglichkeit, Entwicklungshilfe zu beantragen. Kanada zähle zu den Ländern mit einem der höchsten Lebensstandards der Welt - allerdings nur, wenn man die indigene Bevölkerung ausklammere, so das AKIN-Mitglied.
"Wir arbeiten nur mit Informationen aus erster Hand und nur direkt mit den Leuten zusammen", betont Schwarzbauer gegenüber der "Wiener Zeitung". "Wir schreiten auch nur dort ein, wo wir um Hilfe gebeten worden sind, oder nach vorheriger Absprache mit den Betroffenen. Es sind schon viele enge Freundschaften und gute Beziehungen entstanden." So lehnt sich die Abkürzung ,akin' auch an das englische Wort für ,verwandt' an.
Erfolge, Probleme und persönliche Gefühle
Einer der bisher größten Erfolge der Arbeit von AKIN war, als im Jahre 1994 - nach mehreren Ansuchen des Vereines - das österreichische Parlament einem Antrag zur Unterstützung der Lubicon Cree in Kanada einstimmig zustimmte.
"Für uns ist die Unterstützung durch AKIN sehr wichtig", erklärt Chief Arthur Manuel vom Neskonlith Band der Shuswap Indianer in Britisch-Kolumbien, Kanada im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Sein Volk kämpft bereits seit Jahren für die Anerkennung seines Landrechte und seines Landbesitzes. Derzeit müssen die Indianer es gegen ein Skigebiet verteidigen, das ausgeweitet werden soll (siehe auch nebenstehender Artikel).
"Je mehr internationaler Druck ausgeübt wird, desto wahrscheinlicher wird es, etwas zu erreichen", ist Manuel überzeugt. "Außerdem sind wir Freunde." Auch Schwarzbauer ist überzeugt, dass die Unterstützung von möglichst vielen Seiten Indigenen dabei hilft, den Mut nicht zu verlieren.
,Was kann ich schon tun?' ist auch eine Frage, die oft an AKIN herangetragen wird. "Unterstützerbriefe an die jeweilige Regierung erhöhen immer den Druck", erläutern AKIN-Mitglieder. Man müsse den Regierungen zeigen, dass ihre Politik nicht unbeobachtet bleibt.
Die Schwierigkeit, Indianer zu unterstützen, liege auch darin, dass vor allem die USA und Kanada die Probleme der indigenen Bevölkerung als interne Angelegenheit betrachten und keine Einmischung dulden. "Es ist seit dem elften September schwieriger geworden", bestätigt Schwarzbauer auf Anfrage der "Wiener Zeitung".
Aber neben den persönlichen und den politischen Überlegungen, Indianer zu unterstützen gibt es für Peter Schwarzbauer und andere AKIN-Unterstützer auch eine globale Argumentation - die Selbstzerstörung der sogenannten westliche "Zivilisation".
Wissen Indigener kann unser Überleben sichern
Beim Gipfel von Rio 1992 wurde neben dem Klimaschutzabkommen auch ein Plan zu Erhaltung der Biodiversität erstellt. Darin wird vorgeschlagen, auf das Wissen indigener Völker zurückzugreifen, um die Artenvielfalt zu sichern. Einer wissenschaftlichen Studie zufolge sind die meisten nicht zerstörten Lebensräume ident mit Gebieten, die von Indianern bewohnt werden - die "Wiener Zeitung" berichtete. Das traditionelle Wissen verbindet die biologische Vielfalt mit der Lebenspraxis und dem Fortschritt. Genau das ist es, was auch AKIN zu erhalten versucht.
Auch beim Kampf Tourismusgebiet gegen Indianerland sieht sowohl AKIN als auch Chief Manuel einen internationalen Fokus. "Tourismus gibt es überall und die Menschen müssen anfangen umzudenken", so der Vertreter der Neskonlith.
Ein Tipi auf der Wiese macht noch kein Indianerdorf
"Das wirkliche Leben, die Vielfalt der Kulturen, aber auch die vielen Probleme der Indianer interessieren die Besucher von Indianerdörfern wenig", sagt Schwarzbauer.
AKIN informiert Veranstalter und Besucher über die Hintergründe und die Probleme der indigenen Völker. Indianer, die sich in solchen Dörfern wiederfinden, adaptieren sich entweder oder sie fühlen sich von den Stereotypen erdrückt, so Schwarzbauer. "Es gibt natürlich auch Indigene, die die Ausbeutung ihrer Kultur billigen, aber die Traditionalisten einiger Stämme, der Sioux etwa, haben die kommerzielle Nutzung von Ritualen ihrer Kultur als Blasphemie angeprangert", erläutert der AKIN-Unterstützer. Die Klischeevorstellungen nützen den Indianern nicht. Helfen könne nur, wer die Problematik und die Lebenshintergründe kennt.
AKIN organisiert auch Unterrichtsmaterial und Vorträge für SchülerInnen. "Wir versuchen, den Menschen die indigenen Völker näher zu bringen", so Schwarzbauer.
Ein aussichtsloses Teleskop am Heiligen Berg
Am Dzil Nchaa Si An, dem "Großen Sitzenden Berg", wie er von den Apachen genannt wird, klafft eine Baustelle. Bereits seit Ende der 80er Jahre versucht die University of Arizona auf dem Mount Graham, wie er von den nicht-Indigenen genannt wird, einen Observatoriumskomplex zu errichten. Ein Teil ist bereits gebaut, trotz negativer Gutachten und Proteste der Apachen, für die der Berg eine heilige Stätte darstellt. Außerdem findet sich am und um den Berg ein einzigartiges Ökosystem - einige Experten vergleichen es mit den Galapagosinseln -, das durch den Bau der Anlage gefährdet ist. "Universitätseigene Studien haben sogar ergeben, dass der Mount Graham wegen des dichten Baumbewuchses und der Lage eigentlich kein besonders geeigneter Standort für ein Teleskop ist", berichtet AKIN-Mitglied Mike Austin, ein in Österreich lebender Cherokee. (http://www.gfbv.at/mountgraham.html )
AKIN-Treffpunkt: America Latina (jeden Montag, außer den ersten Montag im Monat, ab 20 Uhr), Turmburgg 7, 1060; Spendenkonto: PSK-Wien: 7239.001 Kennwort AKIN; http://www.gfbv.at
Weitere Infos zu Indigenen bei der AG Indianer & Menschenrechte http://www.aktionsgruppe.de .