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Verzögerung würde Portugal und Spanien gefährden. | Gerüchten zufolge könnte Irland 80 Milliarden abrufen. | Luxemburg/Wien. Die Frage ist nicht ob, sondern eher wann Irland Hilfe aus dem Euro-Rettungsschirm abruft. Zwar hagelt es noch Dementis aus Dublin und Brüssel - das war aber auch bei den Griechen so, bevor sie am 23. April 2010 ein Bittgesuch um Notkredite abschickten.
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Fakt ist: Die Finanzmärkte strafen die Iren seit 14 Tagen mit immer höheren Risikoaufschlägen, was die Zinslast in die Höhe schießen lässt. Drastische Sparpakete und Sanierungspläne konnten die Investoren nicht beruhigen - und auch Portugal und Spanien beginnen zu wackeln. Deshalb machen Gerüchte die Runde, dass Irland bald 80 Milliarden Euro abrufen könnte.
Die Vorteile überwiegen
Die Lage ist zwar dramatisch, Panik ist dennoch nicht angebracht. Je früher der Hilferuf der Iren erfolgt, umso besser wäre es für den Euro raum sogar, sagen Finanzmarkt-Insider. Diese Einschätzung klingt absurd, ist aber gut begründet.
1. Der gravierende Unterschied zum Fall Griechenland ist: Die Eurozone ist auf die Situation bestens vorbereitet. Es gibt ein klares Procedere, das in Gang kommen wird (siehe unten). Die Hilfe für Athen hatte Deutschland noch wegen der Wahl in Nordrhein-Westfalen wochenlang blockiert.
2. Die Hilfe ist viel intelligenter organisiert: Die Iren würden nicht wie Griechenland bilaterale Kredite erhalten, die von den Geberländern sofort budgetwirksam verbucht werden müssen. Sondern: Der Euro-Schutzmechanismus holt sich das Geld, das Irland benötigt, vom Finanzmarkt mit Schuldpapieren, die von der Kreditwürdigkeit der gesamten Eurozone getragen werden. Diese sind dank der hervorragenden Bonität (Triple-A) um ein Vielfaches billiger als die Zinsen, die Irland aufgebürdet werden.
Der Beitrag der Geberländer (Österreichs Anteil beläuft sich auf 12,2 Milliarden Euro) sind Garantien. Diese würden nur schlagend, wenn die Gemeinschaftsanleihen ausfallen - also praktisch die gesamte Eurozone kollabiert.
3. Die Eurozone würde mit einem raschen Agieren ein Zeichen aussenden, dass sich das Spekulieren gegen die Gemeinschaftswährung nicht lohnt. Das Signal wäre: Der Euro ist nicht zu knacken.
Steueroase wäre bedroht
4. Es wäre ein Akt des Selbstschutzes: Das Budget der Iren ist bis Mitte 2011 ausfinanziert. Erst danach müssten sie den Finanzmarkt anzapfen. Ein Hinauszögern des Hilferufs würde aber das Leiden anderer schuldengeplagter Länder wie Portugal sowie des Schwergewichtes Spanien erhöhen.
5. Das Zögern Irlands hat vor allem innenpolitische Gründe: Die Insel hat sich während der Boomjahre als Steueroase positioniert und ist nicht gewillt, diesen Status aufzugeben. Sogar EU-Kommissar Olli Rehn hatte sich diese Woche eine Abfuhr geholt. Sollen andere EU-Länder den Iren unter die Arme greifen, wäre es aber undenkbar, dass diese ihnen weiter mit einer Körperschaftsteuer auf dem Rekordtief von 12,5 Prozent Unternehmen abjagen.
Warum konnten die Hilfskredite von 110 Milliarden Euro für Griechenland und der 750-Milliarden-Schutzschirm die Investoren nicht beruhigen? Dafür gibt es zwei Hauptgründe: Der Mechanismus ist bis 2013 befristet und Staatsanleihen laufen in der Regel länger. Überdies haben die Deutschen mit den Franzosen eine höchst schädliche Debatte angestoßen: So sollen Investoren, welche die Staatsschulden aufkaufen, nach 2013 im Fall einer Pleite auf einen großen Teil ihrer Forderungen verzichten. Damit haben sich Angela Merkel und Co. einen Käuferstreik eingehandelt: Die Europäische Zentralbank bleibt nahezu als einzige Käuferin von Staatsanleihen der Euro-Problemländer übrig.
Kritik an Angela Merkel
Schwedens Finanzminister Anders Borg kritisierte die Forderung nach einer Beteiligung privater Kreditgeber an der Sanierung angeschlagener EU-Länder scharf. Die Diskussion sei "zutiefst unglücklich"; jene, die sie in Gang gesetzt hätten, hätten die "schwere Verantwortung", sie zu beenden, damit die Stabilität der Finanzmärkte zurückkehrt.
Eine Risiko-Beteiligung der Investoren ließe sich zudem viel einfacher umsetzen, sagt Franz Nauschnigg, Abteilungsleiter für Internationale Finanzpolitik bei der Oesterreichischen Nationalbank, zur "Wiener Zeitung". Der Währungsfonds habe schon nach der Asienkrise angeregt, dass Staatsanleihen generell eine Umschuldungsklausel ("collective action clause") beinhalten sollten. Diese sorgt dafür, dass einzelne Gläubiger Verhandlungen über eine Schulden-Restrukturierung nicht blockieren können. Euro-Anleihen besitzen diese Klausel nicht, deshalb sind auch keine effizienten Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger möglich.

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