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Hilfe für Opfer seit 25 Jahren

Von Matthias G. Bernold

Wirtschaft

Seit 25 Jahren setzt sich "Der Weiße Ring" in Österreich für Verbrechensopfer ein. Psychologische und rechtliche Beratung sowie finanzielle Unterstützung in Notlagen sind die Ziele der gemeinnützigen Organisation. Zweckbindung eines Teiles der Einnahmen aus den Geldbußen für die Opferhilfe, Entbürokratisierung des Verfahrens zur Entschädigung, Erweiterung der schonenden Einvernahmen, so skizziert der ehrenamtliche Präsident des Weißen Rings, Udo Jesionek, die Forderungen an die Politik.


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Wer in Österreich Opfer eines Verbrechens wird, darf sich von der Justiz nicht allzu viel erwarten. Denn im Mittelpunkt des Strafrechts steht in erster Linie der Täter, den es auszuforschen und zu bestrafen gilt. Zwar wird auf bestimmte Opfergruppen (Kinder, Missbrauchsopfer) Rücksicht genommen, etwa in dem sie schonend einvernommen werden - das Gros der Opfer steht jedoch mit seinen Ängsten und finanziellen Problemen weitgehend allein da.

Am Beispiel einer "alten Frau, der die Handtasche entrissen wird", erklärt Jesionek am liebsten, warum der Schutz von Verbrechensopfern noch lange nicht ausreicht. "So jemand ist verängstigt, traut sich kaum zur Polizei gehen, geschweige denn zu Gericht als Zeuge." Hier kommt der "Weiße Ring" ins Spiel, der, von Anwälten, Journalisten und Politikern 1978 gegründet, Opfern zu ihrem Recht verhelfen will: Kostenlose Rechtsauskunft und Begleitung bei Gericht durch qualifizierte Juristen, kostenlose Therapiegespräche, Vermittlung bei Behörden und Banken. Zusätzlich bietet der Weiße Ring in Notfällen finanzielle Zuwendungen in Form von einmaligen Unterstützungen und zinsenlosen Darlehen. Jesionek, seit 1992 Präsident der Vereinigung, die heute in allen Bundesländern vertreten ist: "Es gilt auch, die finanzielle Notsituation, in die Verbrechensopfer immer wieder geraten, durch rasche und unbürokratische Soforthilfe zu überbrücken." Finanziert werden die Leistungen der 90 ehrenamtlichen und 2 hauptamtlichen Mitarbeiter in Österreich über die Beiträge der heute über 700 Mitglieder sowie Spenden: "Zu 90 Prozent kommen unsere Mittel aus privaten Quellen". 2002 nahmen ca. 2.500 Verbrechensopfer Kontakt mit dem Weißen Ring auf. 425 davon wurden längerfristig betreut oder erhielten finanzielle Unterstützung. In 156 Fällen ermöglicht der Weiße Ring die durch das Justizministerium geförderte psychosoziale und/oder anwaltliche Prozessbegleitung. Insgesamt wurden mehr als 150.000 Euro ausgeschüttet.

Um die Stellung der Verbrechensopfer im Strafprozess zu stärken, fordert Jesionek gesetzliche Anpassungen durch die Vorverfahrens-Novelle sowie eine Erweiterung des Verbrechensopfergesetzes: "Jedes wirtschaftlich schwache Opfer soll als Privatbeteiligter einen Anspruch auf Verfahrenshilfe bekommen". Eine Kernforderung ist die Zweckbindung eingenommener Geldbußen und -strafen (im Jahr 2002 insgesamt 32 Mill. Euro) für die Opferentschädigung. Jesionek: "Anders als in anderen europäischen Staaten fließen derzeit diese Erträge ins Budget. Nur rund 2 Mill. Euro davon werden für Leistungen nach dem Verbrechensopfergesetz oder für Prozessbegleitung verwendet."

Festakt im Parlament

Heute, Freitag, findet in der Säulenhalle des Parlaments eine Festveranstaltung zum Thema "Opferrechte sind Menschenrechte" statt. Mit dabei sind u. a. Heinz Fischer und Udo Jesionek. An einer Podiumsdiskussion nehmen anschließend teil: Der Vorstand des Hamburger Instituts für Sozialforschung, Jan Philipp Reetsma, der deutsche Verfassungsrichter Winfried Hassemer, Psychiater Karl Dantendorfer aus Wien, Strafrechtlerin Marianne Löschnig-Gspandl aus Graz und Hannes Trettner vom Ludwig Boltzmann-Institut für Menschenrechte. Die Festveranstaltung steht unter dem Ehrenschutz von Bundespräsident Thomas Klestil.

Telefon-Hotline des Weißen Rings: 07114/200-155 (aus ganz Österreich zum Ortstarif);

http://www.weisser-ring.at