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Ausländische Berater des vor einer Woche inhaftierten Yukos-Chefs Michail Chodorkowski wollen ihre Kontakte in Washington, London und Berlin spielen lassen, um den internationalen Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu erhöhen. Nach der Entlassung von Stabschef Alexander Woloschin wittern Ex-Stabschef Anatoli Tschubais und der Liberale Boris Nemzow einen Wechsel in Russlands Politik.
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Während die russische Wirtschaft und Opposition immer deutlicher vor einem Umschwung des politischen Klimas warnt, treten Chodorkowskis mächtige internationale Verbündete auf den Plan.
Stuart Eizenstat, ehemaliger US-Vizefinanzminister und Mitglied des Internationalen Beirats der Menatep-Holding über die Chodorkowski 44 Prozent von Yukos kontrolliert kündigte an, dass Verbindungen in Washington, London und Berlin genutzt werden sollen, um internationale Unterstützung für Yukos zu mobilisieren. "Wir sehen keine vertretbare rechtliche Basis" für die Handlungen des Kreml, sagte Eizenstat der BBC. "Nun werden wir versuchen unsere Regierungen zu aktivieren".
Prominenter Beirat
Neben Eizenstat sitzen der ehemalige deutsche Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff und der ehemalige Chefredakteur des britischen Wirtschaftmagazins "The Economist" und Parlamentsabgeordnete Dudley Fishburn im Beirat der in Gibraltar ansässigen Menatep-Beteiligungsholding. Das Aktienpaket, das die russischen Behörden eingefroren haben (d. h. die Papiere dürfen nicht gehandelt werden), gehörte zwei Menatep-Töchter mit Sitz in Zypern und der Isle of Man. Da es sich also formal um ausländischen Besitz handelt, reklamierte Yukos die Illegalität des Vorgehens der Staatsanwaltschaft.
Der Menatep-Beirat mache sich wegen des Vorgehens der russischen Behörden "ernste Sorgen" über die Zukunft von Yukos und Russland, meinte Eizenstat. Die Wirtschaft und Demokratie des Landes sei in Gefahr. Bei den Maßnahmen gegen Yukos-Aktionäre gehe es auch um Menschenrechtsfragen, mit denen er an die UNO und die EU herantreten werde, verkündete Eizenstat.
Politischer Kurswechsel
Kritik am politischen Kurs Russlands kommen aber auch aus dem Land selber. Anatoli Tschubais, der Amtsvorgänger von Kreml-Stabschef Woloschin, reagierte besorgt auf dessen Entlassung durch Putin am Donnerstag. "Das ist schlecht und eine sehr ernste Angelegenheit", sagte Tschubais.,der heutige Vorstandsvorsitzende des Strommonopolisten RAO EES, am Freitag. Nach dem Abgang von Woloschin, der im Kreml als Fürsprecher der Oligarchen galt, ist Ministerpräsident Michail Kasjanow der letzte Vertreter des "Jelzin-Clans" in der russischen Regierung.
Moskau weist die Kritik der USA zurück
Die Regierung in Moskau hat Kritik desr USA am Justizverfahren gegen den in Kontakt mit US-Firmen stehenden Ölkonzern Yukos zurückgewiesen. "Solche Äußerungen des US-Außenministeriums sind mindestens unkorrekt und respektlos im Verhältnis zu Russland", sagte ein Sprecher des Moskauer Außenministeriums. Washington hatte Freitag die Rechtsstaatlichkeit des Yukos-Verfahrens angezweifelt.