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Hilfe, schon wieder ein Hilfspaket!

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Kaum ist Griechenland vor der Pleite gerettet, droht schon das nächste Rettungspaket. Und damit eine weitere Insolvenz-Verschleppung.


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In der Justizvollzugsanstalt Klagenfurt sitzt der ehemalige Hypo-Chef Wolfgang Kulterer eine mehrjährige Haftstrafe ab. Verurteilt wurde er unter anderem, weil er einen Kredit über zwei Millionen Euro an ein Unternehmen vergeben hatte, dessen nahende Insolvenz er nach Ansicht des Gerichts hätte bemerken müssen. Damit sei das Delikt der Untreue erfüllt, so die Richter.

Würden diese juristischen Kriterien auch in Europas Politik gelten, müssten sämtliche Euro-Finanzminister ganz schön um ihre Freiheit bangen. Denn sie haben Griechenland dieser Tage wieder einmal Kredite über sieben Milliarden Euro zugesagt (in Form einer Verlängerung des Hilfsprogramms), obwohl sie sich der Gefahr einer Insolvenz Griechenlands durchaus bewusst sein müssen. Immerhin hat ja sogar Finanzminister Yanis Varoufakis höchstpersönlich am Dienstag in einem Radiointerview wieder einmal einen Schuldenschnitt für sein Land ins Gespräch gebracht.

Leider gehen nur noch die Träger besonders rosa getönter Brillen davon aus, dass Griechenland damit wieder auf die Beine kommt und kreditwürdig wird. Schon ist deshalb die Rede von einem weiteren Hilfsprogramm ab Sommer, um wieder einmal einen Staatsbankrott zu verhindern, der eigentlich mit dem aktuellen zweiten Hilfsprogramm hätte verhindert werden sollen. Schlappe 30 oder 40 Milliarden Euro dürfte das abermals kosten, aufzubringen von Europas Steuerzahlern. Österreichs neuer Beitrag wären dann 600 Millionen oder mehr, nicht undelikat, wenn gleichzeitig neue Steuern diskutiert werden.

Und nichts garantiert, dass darauf nicht Hilfsprogramme 2016 und 2017 folgen werden. Denn die Reformzusagen der neuen griechischen Regierung, formuliert in einem Brief Anfang der Woche, lesen sich bei genauerer Betrachtung teils recht wolkig - "Griechenland will eine moderne Verwaltung" - und enthalten praktisch überhaupt keine Zahlen, was dieses Schreiben eher wie eine freundliche Verwendungszusage erscheinen lässt.

Ein hohes Maß an Glaubensfestigkeit erfordert sogar das an sich ja berechtigte Versprechen, schwerreiche Steuersünder künftig zur Staatsfinanzierung heranzuziehen. Die dafür vor allem in Frage kommenden Reeder sind nämlich blöderweise "sehr mobil", wie Varoufakis im Interview mit "Charlie Hebdo" bekannte, daher sei es "wahrscheinlich, dass ihre Gewinne das Land verlassen würden, wenn sie versteuert werden müssten". Na dann.

Immer neue Kredite an das ja bereits jetzt hoffnungslos überschuldete Land zu geben, ohne dass ein wirklich glaubwürdiger, nachhaltiger und nachmessbarer Sanierungsplan vorliegt, hinter dem vor allem auch die Regierung in Athen mit aller Kraft steht, kommt deshalb immer mehr dem Tatbestand der Konkursverschleppung gleich. Und je länger diese Politik fortgeführt wird, desto teurer wird sie natürlich am Ende, wenn dann doch kommen sollte, was die Syriza-Regierung ja immer wieder ins Gespräch bringt: nämlich ein Verzicht der Gläubiger - also etwa der deutschen oder österreichischen Steuerzahler - auf einen Teil der hingegeben Kredite.

Einen Bankmanager kann eine derartige Gebarung, wie Herr Kulterer nun weiß, ins Gefängnis bringen; in Europa hingegen gilt sie als alternativenlos.