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Hilflos verbluten bei Olympia

Von Christoph Rella

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Wenn es eines Beweises dafür bedurft hätte, dass in China die blanke Angst regiert, so wurde er endgültig erbracht. Das Pekinger Verkehrsbüro hat am Dienstag alle Bewohner aufgerufen, im Falle eines Verkehrsunfalls, an dem Teilnehmer der Olympischen Spiele verwickelt sind, nicht einzugreifen und weder mit dem Fahrzeug oder den Insassen in Kontakt zu treten. Hintergrund: Passanten, die Erste Hilfe leisten, könnten Corona-positiv sein und die Unfallopfer anstecken - mit der Konsequenz, dass das Virus in der Folge in die Olympia-Blase getragen werden könnte.

Mal ehrlich: Dieses Problem hätte man auch anders lösen können. Anstatt Unfallopfern die Erste Hilfe zu versagen, hätte man sie im Fall eines nachweislichen Kontakts mit Dritten spätestens im Krankenhaus als Infizierte oder Quarantänefälle ausweisen können. Das tut der chinesische Staat jeden Tag, und oft in viel weniger drängenden Situationen. Dass die Olympia-Teilnahme für diese Menschen dann gestorben wäre, ist ein Wermutstropfen, der aber immer noch zumutbarer ist als auf der Straße zu verbluten.

Außerdem, wie soll man sich das in der Praxis vorstellen? Ein Auto mit Olympia-Journalisten oder -Sportlern kracht gegen den Pkw eines chinesischen Lenkers. Nimmt man jetzt die behördliche Empfehlung ernst, müsste sich ein Ersthelfer erst vergewissern, ob und in welchem Fahrzeug die Olympia-Teilnehmer liegen und versuchen, den chinesischen Autofahrer aus dem Wrack zu ziehen, während die übrigen Unfallopfer ohne Hilfe bleiben?

Was diese Geschichte abseits des unmenschlichen Aspekts zeigt, ist die Angst des KP-Regimes, ihre Null-Covid-Strategie könnte am Ende doch scheitern. Dass sie dafür über Leichen geht, ist nicht überraschend. Dass davon nun auch ausländische Olympiagäste, Sportler und Betreuer betroffen sein sollen, hingegen schon.