)
Frankreich stimmt demnächst nicht nur über den Staatspräsidenten, sondern auch über das Schicksal des Euro ab.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Dass die Franzosen bei der Wahl am 24. April Nicolas Sarkozy als Staatspräsidenten ganz gerne loswerden wollen - wie derzeit die Meinungsumfragen signalisieren -, kann man ja durchaus verstehen. Gemessen an seinen einstigen ziemlich breitspurigen Versprechen hat er nur eine sehr schmale Erfolgsbilanz vorzuweisen: Die Sarko-Jahre sind im Großen und Ganzen eine Ära der ökonomischen Stagnation und des relativen Bedeutungsverlustes der Grande Nation gewesen.
Doch bei den anstehenden Wahlen in Frankreich wird nicht nur entschieden, ob sich die Franzosen Sarkozy weiter antun wollen oder nicht. Seit sich Europa de facto - und entgegen allen politischen Schwüren und Verträgen - zu einem eher unfreiwilligen Haftungsverbund aller für alle entwickelt hat, ist natürlich die künftige Wirtschaftspolitik des zweitgrößten EU-Staates für alle Mitglieder der Eurozone von gravierender Bedeutung. Sollte Sarkozys Nachfolger (oder gar die potenzielle Nachfolgerin Marine Le Pen) Frankreich ökonomisch gegen die Wand fahren, wäre das angesichts der bereits jetzt eher fragilen Befindlichkeit der Eurozone eine echte wirtschaftliche Kernschmelze, an der durchaus auch der Euro noch zugrunde gehen könnte. Leider sind die Chancen durchaus intakt, dass genau dies eintreten könnte. Denn jedenfalls laut Meinungsumfragen dürften die Franzosen ausgerechnet den sozialistischen Kandidaten François Hollande wählen.
Das ist ungefähr so, als würden die Deutschen Sarah Wagenknecht von der Linkspartei zur Bundeskanzlerin machen. Hollande hat nämlich die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf enteignende 75 Prozent angekündigt, will die Schuldenbremse lockern und - Gipfel ökonomischen Sachverstandes - verspricht, das Pensionsantrittsalter auf 60 Jahre abzusenken. Das ist derart hoch dosierter Populismus, dass HC Strache daneben geradezu wie ein seriöser Finanzpolitiker erscheint.
Weniger Arbeiten, höhere Schulden, noch höhere Steuern für die angeschlagene Nation: Genauso gut könnte man einem schwer an der Leber Erkrankten eine Flasche Cognac pro Tag verschreiben. Hollandes Kur für Frankreich dürfte eher fatal enden, hielte er seine Wahlversprechen denn wirklich ein. Was der Kandidat verspricht, ähnelt frappant jenen Methoden, mit denen in den 1980er Jahren Schwedens Sozialdemokraten ihr Land zu einem Sanierungsfall am Rand der Insolvenz machten. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich die Reaktion der ohnehin seit Monaten leicht nervösen Gläubiger Frankreichs auf eine derartige retrosozialistische Wirtschaftspolitik auszumalen.
Die Grande Nation würde vermutlich nur noch für Grande Verzinsung frisches Geld kriegen und schnell in eine Überschuldungsspirale geraten wie Griechenland oder Portugal.
Eine derartige Krise freilich würde jeden nur vorstellbaren "Rettungsschirm" dramatisch überfordern. Frankreich ist eindeutig "too big to bail out". Kippt Frankreich, so kippt der Euro.
Sarkozys allfällige Wiederwahl mag eine Enttäuschung für sehr viele Franzosen darstellen - ein Sieg des Hyperpopulisten Hollande wäre ein erhebliches Risiko für ganz Europa.