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Die Forderung, Medien sollten einfach nicht mehr über islamistischen Terror berichten, klingt gut und ist falsch.
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Kann man den islamistischen Terror wirksam bekämpfen, indem die Medien nicht mehr über Anschläge berichten? Durchaus, behauptete jüngst die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit". Medien und Journalisten, so die steile These des Blattes, seien sogar mitschuld am Terror, weil sie den Terroristen genau jene Bühne böten, ohne die religiös-ideoligisch motivierte Anschläge keinen rechten Sinn für die Attentäter hätten. Ein Selbstmordanschlag, von dem niemand erfahre außer den unmittelbar Betroffenen und ein paar zufälligen Zeugen, verpuffe für eine Terrororganisation wie den IS erfolglos.
Tatsächlich nutzt der zeitgenössische Terrorismus die Gesetze der Aufmerksamkeitsökonomie für sich. Ihm geht es - anders als etwa dem Linksterror der 1970er Jahre - nicht darum, den Staat zu einem bestimmten Verhalten zu nötigen. Ihm geht es vor allem darum, Angst und Schrecken unter der Bevölkerung zu verbreiten, um einen Kampf zwischen Muslimen und Nichtmuslimen zu entfachen. Und dazu braucht es nun einmal Aufmerksamkeit - die von Medien bereitgestellt wird, weil diese dafür mit Quote und Auflage entlohnt werden. So funktioniert die Aufmerksamkeitsökonomie nun einmal.
Dazu kommt, dass jedes erfolgreiche islamistische Attentat spontan Folgetäter animiert, selbst zu Hacke, Sprengstoffgürtel oder Lieferwagen zu greifen. In Österreich hat jüngst Peter M. Lingens im "Falter" diese Argumente aufgenommen und gemeint, die Medien sollten sich darauf einigen, "über Terroranschläge mit nicht mehr als zwei Sätzen zu berichten". Etwa: "In Spanien sind einem Anschlag 15 Menschen zum Opfer gefallen. Die Täter wurden erschossen." Lückenpresse gegen Terror, sozusagen.
So einleuchtend, vernünftig und valide die Argumente der "Zeit" und von Lingens sein mögen: Das in der Realität umzusetzen ist weder wünschenswert noch zielführend. Nicht zielführend ist dergleichen, weil die traditionellen Medien schon längst kein Monopol mehr darüber haben, was berichtet wird und was nicht. Verschwiegen sie Terror, informierte sich das Publikum eben über Soziale Medien und andere Kanäle des Internets, die - glücklicherweise - kaum zu kontrollieren sind. Nachrichten finden heute ihre Konsumenten, ohne dass das noch irgendwer steuern oder kontrollieren könnte. Und das ist gut so.
Nicht wünschenswert ist der Vorschlag von Lingens und der "Zeit" aber vor allem auch, weil er die Aufgabe gerade traditioneller Medien völlig missversteht. Diese ist - auch wenn viele Medienschaffende das anders sehen - nicht, die Wirklichkeit zu verändern. Sondern, sie zu beschreiben und allenfalls zu kommentieren. "Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache - auch nicht mit einer guten Sache", hat der legendäre deutsche TV-Journalist Hanns "Hajo" Friedrichs seine Branche gelehrt. Und das gilt für den Kampf gegen den Terror genauso wie für die Migrationskrise und jedes andere Thema.
Dass sich immer mehr Menschen von den traditionellen Medien abwenden, liegt nicht zuletzt daran, dass sie sich von diesen nicht informiert, sondern manipuliert fühlen. Terror zu verschweigen, würde diesen Vertrauensschwund ("Lügenpresse") nicht eben lindern.