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Barack Obama hat also die Vorwahlen für die demokratische Präsidentschaftskandidatur in den Vereinigten Staaten gewonnen. Allerdings dürfte es Hillary Clinton noch immer nicht leicht fallen, alle Hintertüren für ihre eigenen Ambitionen zu schließen. In der Politik ändern sich Dinge ja oft schlagartig.
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Zuerst hieß es, Clinton sei für eine Vizepräsidentschafts-Kandidatur "offen"; danach, sie strebe das Amt nicht "aktiv" an. Vielleicht hat ihr Obama nun gar einen "Stoiber-Merkel-Pakt" angeboten: "Wenn du mich diesmal ehrlich unterstützt, dann helfe ich (und die Partei) dir dafür beim nächsten Mal." Nachsatz: "Sofern ich gegen McCain verlieren sollte." Ähnlich also wie zwischen Edmund Stoiber und Angela Merkel: Letztere ließ ihrem Konkurrenten bekanntlich im Jahr 2002 den Vortritt - Kanzlerin ist sie dann allerdings selbst geworden.
Hillary Clintons "Kapitulations-Rede" in Washington klang ein bisschen danach. Nicht mehr so konfrontativ wie jene nach den letzten Vorwahlen, aber immer noch stark darauf bedacht, die eigenen Errungenschaften herauszustreichen - und sich für die Zukunft alles offen zu lassen. Sie hat sich klar hinter Obama gestellt, wirkte dabei fast herzlich. Aber das nützt wohl jetzt auch ihr am meisten.
Wenn Hillary Clintons Unterstützung im Wahlkampf dann aber ähnlich aussieht wie jene ihres Ehemannes für sie selbst im Vorwahlkampf, so muss sich Obama fast fürchten. (Wollte der ehemalige Präsident eigentlich überhaupt der erste "First Husband" werden - oder stand er dieser Aussicht nicht eher ambivalent gegenüber? Seine vielen Schnitzer im Vorwahlkampf könnten ein Indiz dafür sein.)
Wird sich Hillary Clinton so demonstrativ ins Zeug legen, dass sie konservativere amerikanische Wählerschichten gerade dadurch verschreckt? Etwa indem sie betont, was Obama alles bestimmt nicht tun werde? Durch eine aktive Rolle kann sie Obama jedenfalls sowohl nützen als auch schaden.
Und sollte Clinton noch mit dem Gedanken spielen, im Jahr 2012 selbst wieder bei der Präsidentschaftswahl anzutreten, so könnte sie durchaus versuchen, ihre Anhänger heuer bei John McCain zu "parken" - um sie sich im Jahr 2012 direkt von ihm zurück zu holen. McCain wäre dann nicht mehr der Jüngste, die Amerikaner könnten von den Republikanern genug haben.
Clinton wäre so Obama auf nicht sehr edle (aber dafür wirkungsvolle) Weise wahrscheinlich los - während er als Präsident 2012 wohl selbst wieder demokratischer Kandidat wäre. Und bis zum Jahr 2016 kann und will Clinton vermutlich nicht warten. In vier Jahren hingegen könnte sie sich relativ gute Chancen gegen McCain ausrechnen.
Christoph Bösch ist freier
Publizist in Wien.
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gastkommentar
"Wäre es für Hillary Clinton nicht letztlich günstiger, wenn im Herbst John McCain die US-Präsidentenwahl gewinnt?"
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