New York - Mit dem Vorgeplänkel ist es vorbei, jetzt wird der Wahlkampf in New York seinem Ruf als Schlammschlacht langsam gerecht. Im Rennen um den Einzug in den US-Senat zücken "First Lady" Hillary Clinton und ihr republikanischer Rivale Rick Lazio die Messer. Seit Anfang September werden die Fernsehspots im Ton aggressiver, als übten die Kandidaten für den Showdown, der heute, Mittwoch, bevorsteht.
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Das erste Fernsehduell zwischen Hillary und Rick werde Zuschauer vor den Schirm bringen wie sonst nur der Superbowl, das Endspiel im American Football, prophezeit der Politexperte Norman Adler.
Traditionell zählen Wahlkämpfe in New York zu den teuersten, schmutzigsten und medienintensivsten Kampagnen im ganzen Land. Umso mehr fiel auf, dass sich die "First Lady" und ihr junger Herausforderer bis vor kurzem mit Samthandschuhen anfassten. Beide vermieden direkte Angriffe auf den Charakter des anderen, ja überhaupt, den Namen des anderen auch nur zu erwähnen. Während die erst kürzlich aus Washington zugezogene Hillary Clinton um Sympathien warb, betonte der Kongressabgeordnete Lazio seine Herkunft als echtes Landeskind.
Doch jetzt hat die Frau von US-Präsident Bill Clinton offenbar beschlossen, ihren Gegner zu stellen. Das Weiße Haus veröffentlichte am Sonntag ein Foto, auf dem Lazio lächelnd beim Händedruck mit Palästinenserpräsident Yasser Arafat zu sehen ist. Seht her, er tut selbst, was er mir vorwirft, wollte sie damit beweisen. Schließlich spielt Lazio ständig darauf an, dass Hillary vergangenes Jahr lobende Worte für Arafats Frau fand, obwohl diese sich kurz zuvor zur Behauptung verstiegen hatte, Israel vergifte palästinensische Kinder. Den Vorwurf, sie stehe im Nahost-Konflikt aus der Sicht ihrer jüdischen Wähler auf der falschen Seite, will die "First Lady" nicht länger auf sich sitzen lassen.
Frau Clinton nutzte das Arafat-Foto überdies dazu, die Aufrichtigkeit ihres Rivalen im Allgemeinen in Frage zu stellen. "Dies ist nur das jüngste Beispiel dafür, dass Rick Lazio das eine sagt und das Gegenteil tut", erklärte sie. "Genau so tut er es auch im Wahlkampf und bei Abstimmungen im Kongress." Das republikanische Lager rächte sich, indem es einen Werbespot mit dem Slogan schaltete: "Hillary Clinton. Sie können ihr einfach nicht trauen."
Das wäre für Hillary nicht so schlimm, wäre da nicht der Korruptionsvorwurf gegen einen ihren Wahlkampfmitarbeiter. Der Chef der Demokraten in der Region Rockland nördlich von New York, Paul Adler, soll über Strohmänner an Immobiliengeschäften beteiligt gewesen sein und öffentliche Gelder in die eigene Tasche gesteckt haben, wirft ihm Bundesstaatsanwältin Mary Jo White vor. So soll er sich bei dem Bau eines Golfplatzes eine Million Dollar (1,162 Mill. Euro/16 Mill. S) mit seinen Partnern geteilt haben.
Für Rick Lazio ist das ein Geschenk des Himmels: Er forderte Hillary auf, Adler zu feuern und die 1.500 Dollar zurückzuzahlen, die dieser für den Wahlkampf gespendet hatte.
Gerade bei einem Wettbewerb mit ungewissem Ausgang wie in New York stünden die Kandidaten unter Druck, jedes Gefecht zu gewinnen, gibt sich Adler unbeeindruckt.
Die TV-Debatte am Mittwoch in Buffalo ist für beide Kandidaten daher die Feuertaufe. Zwar haben sich die meisten Wähler in New York längst für ein Lager entschieden. Doch die entscheidenden Stimmen seien noch frei, erinnerte am Montag die "New York Times".
Die jüngste Umfrage sieht Hillary Clinton und ihren Gegner zwar Kopf an Kopf. Lazio muss den unentschlossenen Wählern vor allem noch beweisen, dass er die Statur für eine so bedeutende Kammer wie den Senat hat. Hillary Clinton muss zeigen, dass sie ohne Hilfe des Weißen Hauses ihre Frau stellen kann. Dabei hilft ihr Ehemann Bill bereits. Er habe sich damit abgefunden, künftig nicht mehr die Hauptrolle zu spielen: In seiner Partei gebe es einen neuen Vorsitzenden und in seiner Familie einen neuen Kandidaten, sagte er bei am Montag in Danbury im US-Staat Connecticut. "Ich bin zum Chef-Cheerleader geworden, und ich liebe es".