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Die Tragödie des syrischen Bürgerkriegs ist ein zu großes, zu wichtiges Thema, um als Spielball im heimischen Nationalratswahlkampf herhalten zu müssen. Genau dieses ernüchternde Szenario aber droht nun.
Man kann darüber diskutieren, ob es klug von Verteidigungsminister Klug und Außenminister Spindelegger war, schon im Vorfeld der Debatte über mögliche Waffenlieferungen an die Rebellen mit einem Abzug der UNO-Soldaten zu drohen. Nun ist es so gekommen - und prompt nimmt die Opposition die Regierung beim Wort; SPÖ und ÖVP sind in der Defensive und müssen erklären, warum das Bundesheer vorerst doch in der Pufferzone zwischen Israel und Syrien bleibt. Die naheliegenden Antworten - weil noch keine Waffen an die Rebellen geliefert wurden, weil sich die Situation für die UNO-Soldaten seit Monaten nicht grundlegend verändert hat - sind korrekt, haben durch den taktischen Fehler der Regierung aber an Kraft verloren.
Tatsächlich ist Abwarten die einzig vernünftige Strategie. Erst in einigen Monaten wird sich herausstellen, ob das anglo-amerikanisch-französische Drängen auf Waffenlieferungen an die Rebellen nur eine Drohung ist, um Assad an den Verhandlungstisch zu zwingen, und ob die für Mitte Juni geplante Friedenskonferenz in Genf die Tür für eine politische Lösung des mörderischen Konflikts öffnen kann. "Derzeit wissen wir fast nichts über die Lage in Syrien", fasst es ein hoher Militär des Bundesheers zusammen.
Doch in zwei, drei Monaten wird der Wahlkampf in Österreich auf seinen Höhepunkt zusteuern. Ein kleiner Zwischenfall am Golan - ob mit oder ohne Beteiligung österreichischer Soldaten - könnte da schon ausreichen, um den politischen Beschluss zum Abzug der Blauhelme herbeizuführen, einfach weil die Opposition aufschreit, der Boulevard über Todesgefahr für unsere Soldaten schreibt. Dann müssen nur noch die Umfragen für SPÖ und/oder ÖVP schlecht stehen, und schon sitzen die Soldaten im Flieger zurück nach Österreich.
Mit dem Abzug der Österreicher allerdings steht und fällt nicht nur der Einsatz am Golan, auch die UN-Mission im Libanon dürfte dann auf der Kippe stehen - und damit das gesamte Engagement der Vereinten Nationen in dieser sicherheitspolitisch so verworrenen, gefährlichen Region. Es steht viel auf dem Spiel - und für einmal hängt einiges auch an Österreich.