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Harte Bandagen der Opposition gegen Regierungspolitik. | ÖVP-Vertreterin Gertrude Brinek zieht positive Bilanz. | Wien. Die in der jüngsten OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" für Österreich ausgewiesene niedrige Akademikerquote war am Donnerstag naturgemäß ein Hauptthema bei der vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten veranstalteten Diskussion der Wissenschaftssprecher der im Nationalrat vertretenen Parteien in Wien, bei der nur BZÖ-Sprecher Eduard Mainoni wegen Erkrankung fehlte. Wenn die Bildungsministerin Österreichs Abschneiden in internationalen Rankings nicht ernst nehme, betreibe sie "Realitätsverweigerung", kritisierte Kurt Grünewald (Grüne) und ortete "Hintertupfing am Minoritenplatz".
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Josef Broukal (SPÖ) lieferte sich mit Gertrude Brinek (ÖVP) ein teils polemisches Scharmützel über die Akademikerquote. Laut Brinek und auch Martin Graf (FPÖ) ist sie in Österreich auch deshalb so niedrig, weil hier traditionell nicht-akademische, aber für den Berufseinstieg hervorragende Ausbildungen, etwa für Kindergärtnerinnen, Krankenschwestern oder Pflichtschullehrer, angeboten werden. Diese Ausbildungen könne man aber, so Broukal, nicht mit Hochschulstudien vergleichen, es gebe dafür nach OECD-Maßstäben zu Recht weniger Punkte. Es lasse sich nicht wegdiskutieren, dass Österreichs Studentenzahl geringer als im Jahr 2000 sei.
Weniger Drop-outs, mehr Absolventen
Broukal ging auf Distanz zur Forderung der Grünen, die Studentenzahl um 100.000 zu steigern, er wünsche sich aber eine deutliche Erhöhung der Absolventenzahl durch eine Reduzierung der hohen Drop-out-Rate. Sie wird auf 35 bis 45 Prozent geschätzt, genaue Daten liegen laut Broukal nicht vor, umstritten ist, wie weit Studienabbrecher, die später ein anderes Studium abschließen, erfasst sind oder nicht.
Eine "Studienplatzbewirtschaftung", wie sie von den Rektoren gefordert wird, kann sich Broukal dann vorstellen, wenn es ein Gesamtkonzept gibt, dass insgesamt auf "Ausbau" und nicht auf Stagnation an den Universitäten angelegt ist.
Für Brinek bietet die neue Bologna-Studienarchitektur mit dem "Bachelor"-Abschluss nach sechs Semestern die Chance, dass es mehr Studienabschlüsse gibt. Als "Erfolgsstory" sieht sie die Entwicklung bei den Fachhochschulen.
Während die ÖVP-Sprecherin Österreich auf einem guten Weg sieht, bis 2010 das erklärte Ziel von 3 Prozent Forschungsquote (gemessen am BIP) zu erreichen, derzeit hält man bei 2,45 Prozent, betonte Broukal, dass die vielzitierte Milliarde für die Universitäten noch nicht beschlossene Sache sei. Die ÖVP habe verabsäumt, sie dem auslaufenden Nationalrat zum Beschluss vorzulegen.
Grüne und FPÖ sehr scharf gegen Gugging
Kein Konsens war bezüglich der von der ÖVP betriebenen neuen Elite-Einrichtung Ista (Institute of Science and Technology Austria) in Gugging zu spüren. Für FPÖ-Sprecher Graf ist sie "nicht anderes als ein riesiges Immobilienprojekt", sie werde "in den nächsten 20 Jahren keinen Nobelpreisträger hervorbringen". Auch Kurt Grünewald, dem sie als ein "Gourmettempel im Land der Hungernden" erscheint, sähe das Geld lieber in die Exzellenzzentren der bestehenden Universitäten investiert. Broukal rechtfertigte die letztlich doch erfolgte SPÖ-Zustimmung zu dem Projekt damit, dass der Forschungsfonds FWF zusätzliche Mittel erhalten habe und die Leitungsstruktur geändert worden sei.
Einiger war man sich darin, dass neue Kollektivverträge und Karrieremodelle für Uni-Lehrer dringlich sind und eine Konzentration der derzeit auf vier Ressorts verteilten Forschungsagenden in einem Ministerium wünschenswert wäre.
Die ÖVP peilt laut Brinek in der nächsten Legislaturperiode eine Erhöhung der Studienförderung und durch staatliche Anreize für Unternehmen 15.000 neue Arbeitsplätze im Forschungsbereich an.
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