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Hintertürl zu mehr Urlaub

Von Clemens Neuhold

Politik
Erst auf Urlaub und dann geht der Streit um die 6. Urlaubswoche in die finale Runde.
© lunamarina/Fotolia

Die 6. Woche ist der Gordische Knoten in der Regierung - eine salomonische Lösung ist möglich.


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Wien. Es ist ein Kernpunkt im ersten Kapitel des Regierungsprogrammes, das derzeit zwischen Wirtschaftskammer und Gewerkschaft verhandelt wird. Es enthält sechs konkrete Punkte wie zum Beispiel flexiblere Arbeitszeiten oder die Einschränkung von All-in-Verträgen. Fünf sind nach Informationen aus Verhandlungskreisen fix und fertig ausgedealt. Noch offen ist Punkt 6: ein leichterer Zugang zur 6. Urlaubswoche für alle, die 25 Jahre gearbeitet haben.

Der Präsident der Wirtschaftskammer, Christoph Leitl, hätte den Punkt gerne aus dem Paket draußen, weil er nächstes Jahr eine Kammerwahl zu schlagen hat und den Protest der Betriebe fürchtet. Denn für die bedeutet mehr Urlaub ihrer Beschäftigten höhere Kosten und - bei kleineren Betrieben - eingeschränkte Geschäftstätigkeit. Doch im Interview mit der "Wiener Zeitung" machte nach der Gewerkschaft auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer unmissverständlich klar: Entweder kommt alles oder gar nichts. Das heißt: An der Lösung dieses Gordischen Knotens hängt die Umsetzung eines wichtigen Teils des Regierungsprogrammes.

Cooling-off im Urlaub

Weil Gewerkschaftsboss Erich Foglar - zum Thema passend - bereits auf Urlaub weilen soll, ist nun eine zweiwöchige Cooling-off-Phase angesagt. Bis dahin wird an Varianten gebastelt, mit denen sowohl Gewerkschaft und Wirtschaft ihr Gesicht wahren können. Eine salomonische Lösung könnte heißen: Mehr Urlaub, aber keine 6. Urlaubswoche.

Diesen Ausweg weist schon das Regierungsprogramm: Dort wird die Wendung "6. Urlaubswoche" tunlichst vermieden. Es heißt nur: "Anrechnung von Vordienstzeiten für einen erhöhten Urlaubsanspruch". Schon derzeit werden unter bestimmten Voraussetzungen Dienstzeiten bei anderen Arbeitgebern, fünf Jahre Studienzeiten und zwei Jahre Schule angerechnet. Das heißt, wer durchgehend in einem Betrieb gearbeitet hat, bekommt die sechste Urlaubswoche oft schon nach 18 Jahren. Die Gewerkschaft favorisiert ein Modell, wonach jeder, der ein Jahr bei einem Betrieb gearbeitet hat, 24 Jahre Dienstzeit angerechnet bekommt. Allerdings ist vorgesehen, dass es in einer Übergangsphase nicht sofort eine Woche mehr gibt, sondern zunächst einen Tag, im Folgejahr einen zweiten usw.

Die Wirtschaftskammer hat dem Vernehmen nach ein Modell vorgelegt, das den Zugang zu mehr Urlaub über eine Parallelrechnung noch langsamer anwachsen lässt als das Gewerkschaftsmodell. Das soll den Kreis der Bezieher im Unterschied zum Gewerkschaftsmodell noch deutlicher einschränken und die Mehrkosten für die Betriebe in engen Grenzen halten.

Zwei Faktoren sprechen dafür, dass den Sozialpartnern und der Regierung die Lösung des Knotens gelingt. Punkt eins: Seit Monaten ist die Regierung von der Hypo getrieben, ein umfassendes Arbeitsrechtspaket wäre ein Befreiungsschlag. Ein Gewerkschafter, der endlich Ergebnisse "für unsere Leut’" sehen will, formuliert es deftig: "Entweder die Regierung zieht das Paket durch und bewegt sich, oder sie macht weiterhin nix."

Zweiter Punkt: Im Paket sind sowohl Goodies für die Wirtschaft als auch für die Gewerkschaft verpackt. Platzt die Gesamteinigung wegen der Urlaubsfrage, wird es lange dauern bis zum nächsten Anlauf. So war es angesichts der großen Aufregung vor der Wahl über flexiblere Arbeitszeiten nicht selbstverständlich, dass eine Einigung über einen 12-Stunden-Tag bei Gleitzeit und Dienstreisen erzielt wird. Auf der anderen Seite kann die Gewerkschaft "ihren Leuten" die paktierte Lösung bei den All-in-Verträgen verkaufen. Künftig muss das Grundgehalt ausgewiesen und die Überzahlung im Verhältnis zur Mehrarbeit stehen. Ob das dann überhaupt noch "All-in" ist? Das ist - sofern das Gesamtpaket durchgeht - ebenso egal wie ob mehr Urlaub "6. Urlaubswoche" heißt.