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"Hitler" Bachmann tippt sich ins Aus

Von Alexander Dworzak

Politik
Lutz Bachmann posiert als Adolf Hitler auf Facebook.
© facebook/privat

Pegida-Chef tritt wegen "Hitler-Fotos" zurück.


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Leipzig/Wien. Lutz Bachmann hat ein Händchen für die sozialen Medien. Im Oktober vergangenen Jahres war der Betreiber einer Fotoagentur höchstens in Dresden und Umgebung ein Begriff. Das änderte sich rapide, als der 41-Jährige mit Freunden Pegida aus dem Boden stampfte, die selbsternannten "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes". Via Facebook breitete sich die Initiative erst in Bachmanns weitem Bekanntenkreis, seinem Dresdner Netzwerk, aus, danach schlagartig in Sachsen, in Deutschland und über die Grenzen des Landes hinaus. Rund 155.000 Personen haben auf Facebook den "Like"-Button geklickt und unterstützen Pegida – die beiden Koalitionsparteien CDU und SPD, die zwei Drittel der Wählerstimmen auf sich vereinigen, bringen es gemeinsam auf circa 170.000. Doch Pegida ist nicht nur im Netz erfolgreich. 350 Personen versammelten sich bei der ersten Kundgebung im Oktober 2014 in Dresden. 25.000 waren es bei der bisher letzten Demonstration in der sächsischen Landeshauptstadt am Montag vor einer Woche.

"Dreckspack" Asylbewerber

Facebook markiert nicht nur den Aufstieg, sondern auch das Ende von Lutz Bachmann als Pegida-Mastermind. Drei Monate dauerte es, bis er entzaubert wurde. Entzaubert hat sich Bachmann letztlich selbst, und zwar bereits viel früher, nämlich bevor seine Pegida-Karriere begann. Und damit sind nicht seine Delikte Diebstahl, Einbruch und Körperverletzung gemeint, sie wurden schnell bekannt – und von seinen Anhängern schnell verziehen. Doch in Facebook-Postings vom vergangenen September – also noch vor der ersten Demonstration – bezeichnete Bachmann Asylwerber als "Viehzeug", "Gelumpe" und "Dreckspack". Das deckte die "Dresdner Morgenpost" auf. Laut der deutschen Nachrichtenseite des Hackerkollektivs "Anonymous" postete Bachmann ein Foto eines Ku-Klux-Klan-Mitglieds. Dazu die Botschaft: "Three K’s a Day Keeps the Minorities away." Im Kurznachrichtendienst Twitter beschimpfte Bachmann im September 2013 den dunkelhäutigen Soulsänger Xavier Naidoo als "Kameltreiber". Einen Monat später diffamierte er den deutschen Fußball-Bundestrainer Joachim Löw nach Verlängerung dessen Vertrags als "Bundesschwuchtel".

Auch mit Hitlerbart und strengem Scheitel ist Bachmann zu sehen. Sein Kommentar unter dem Foto: "Er ist wieder da!" Er hätte dieses Foto während eines Friseurbesuchs aufgenommen, man müsse sich auch selbst auf die Schippe nehmen, erklärte der Pegida-Initiator die Aufnahme. Die Staatsanwaltschaft hat bereits ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Volksverhetzung gegen Lutz Bachmann eingeleitet.

Harmlos-bürgerliche Fassade

Aus der Mitte der Gesellschaft seien sie, trügen die "wahren" Sorgen und Ängste der Bevölkerung bei ihren wöchentlichen Kundgebungen vor. Ausländerfeindlichkeit wiesen die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" stets von sich. Man hätte nichts gegen Ausländer. Aber. . .

Bachmanns Reste einer harmlos-bürgerlichen Fassade sind zusammengefallen. Ihm blieb am Mittwoch nur der Rückzug als Vorsitzender des Vereins Pegida und eine Entschuldigung: "Es waren unüberlegte Äußerungen, die ich so heute nicht mehr tätigen würde. Es tut mir leid, dass ich damit den Interessen unserer Bewegung geschadet habe, und ziehe daraus die Konsequenzen." Pegida, dessen treibende Kraft Bachmann war, muss sich nun demonstrativ von ihm abgrenzen; in einer Stellungnahme weist der Verein dessen Aussagen "aufs Schärfste zurück". Inwieweit Bachmann im Hintergrund weiterwirkt oder sich Pegida von ihm emanzipiert, bleibt abzuwarten. Seine (Ex-)Vertrauten werden versuchen, ihr pseudo-bürgerliches Image wiederzugewinnen.

Im Erfolg von Pegida gibt es Trittbrettfahrer, die noch weiter rechts als Bachmann stehen. Mehrere der Organisatoren von Legida, dem Leipziger Ableger, weisen eine in dieser Hinsicht erstaunliche Biografie auf, wie die "Welt" berichtet. So gilt der Jurist Arndt Hohnstädter nicht nur als Experte für Medizin-, Verwaltungs- und Steuerrecht, sondern ist auch Haus- und Hofanwalt der NPD und verteidigt Beschuldigte aus der rechten gewaltbereiten Szene. Hohnstädters Kanzlei war es auch, die für einen Mandanten im November den Schutz der Wortmarke "HoGeSa" beantragt hatte. Jene "Hooligans gegen Salafisten" lieferten sich in Köln Straßenschlachten mit der Polizei.

Schuhe aus Mauthausen

Mit an Bord in Leipzig ist Jörg Hoyer. Der selbsternannte "Sachverständige für Militärhistorik und Zeitgeschichte" verkaufte als Geschäftsführer der "Militariafundgrube" auch NS-Devotionalien, darunter Hitlers "Mein Kampf". Gipfel der Geschmacklosigkeit: Hoyer bot auf einem Flohmarkt Schuhe aus dem oberösterreichischem KZ Mauthausen an.

Legida gebärde sich im Vergleich zu Pegida "entschlossener und viel radikaler", sagt der Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, Gordian Meyer-Plath. Den Forderungskatalog der Dresdner hätten die Leipziger bis heute nicht übernommen, klagt Pegida. Stattdessen versucht Legida, die Gunst der Stunde zu nutzen. Denn der Ex-Pegida-Mastermind Bachmann erhielt Morddrohungen von Islamisten, Kundgebungen in der Protestbewegungs-Hochburg Dresden wurden daraufhin verboten. Angesichts der ohnehin angespannten Lage seit den Attacken auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" und den koscheren Lebensmittelmarkt in Paris vor zwei Wochen wollen die Behörden kein Risiko eingehen. Auf bis zu 40.000 Anhänger hoffte Legida. Tatsächlich kamen nur 15.000. Die Gegendemonstranten waren mit mehr als 20.000 in der Überzahl.