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Hochbegabung - Segen oder Fluch?

Von Silke Farmer

Politik

Talente zu erkennen ist nach wie vor schwierig. | Hochbegabte fallen in der Schule oft negativ auf, weil sie unterfordert sind. | Wien. So wie für viele Kinder in Wien und Niederösterreich beginnt auch für den achtjährigen Hannes aus Mödling am Montag wieder die Schule. Hannes ist allerdings ein bisschen anders als die meisten anderen. Er ist eines von etwa 30.000 hochbegabten Kindern in Österreich. Von Hochbegabung sprechen Experten ab einem Intelligenzquotienten von 130, was auf rund zwei Prozent der Gesamtbevölkerung zutreffen dürfte.


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Viele Kinder und Jugendliche mit außergewöhnlicher Begabung durchlaufen ihre Schulkarriere völlig unauffällig. Das hängt mit der großen Anpassungsgabe zusammen, weiß Katja H., die Mutter von Hannes. "Die Kinder wollen nicht anders sein. Und es ist auch nicht immer lustig für sie, nur Einser zu schreiben." Allzu rasch bekommen sie womöglich von ihren Mitschülern den Streber-Stempel aufgedrückt. "Es gibt sogar Kinder, die absichtlich Fehler machen", weiß H. aus eigener Erfahrung.

Der gleichen Meinung ist auch die Psychologin Elfriede Wegricht: "Oft sind es Mädchen, deren Begabung nicht erkannt wird, weil sie so problemlos sind." Bei Buben sei das meist anders. Oft werde deren Begabung entdeckt, weil Eltern mit ihnen aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten Schulpsychologen aufsuchen. Diese Auffälligkeiten, die sich in Aufmerksamkeitsdefiziten und schlechten Noten manifestieren können, sind oft Ausdruck der Unterforderung. Manche Eltern kommen mit einer gewissen Vorahnung gleich ins Thomasianum, das Institut für Begabtenförderung und Begabungsforschung (Tibi). Wegricht leitet das Tibi seit zwei Jahren, seit Bestehen.

Österreich: Rund 800 Lehrer fördern Begabungen

Die Erfahrung der Psychologin hilft, Eltern dahingehend zu beraten, die Talente ihres Nachwuchses auch zu fördern und gegebenenfalls die Schule zu wechseln. Dabei kommt es nicht immer darauf an, dass ein spezielles Begabtenförderungsprogramm besucht werden muss. Oft genügt es auch, sich zu informieren, an welcher Lerneinrichtung es für dieses Thema sensible Lehrer gibt, um die Kinder individuell zu fördern.

Seit 1996 gibt es in Österreich das sogenannte Echa-Diplom für Lehrer (European Council for High Ability), rund 800 Pädagogen haben bisher den dreisemestrigen Lehrgang absolviert. Dieser befähigt sie zum Fördern von hochbegabten Kindern und hilft dabei, schlummernde Begabungen zu entdecken. Im Rahmen des normalen Unterrichts können so Kinder mit besonderen Fähigkeiten in eine normale Klasse integriert werden. Aber zuerst gilt es, außergewöhnliche Fähigkeiten zu erkennen. Obwohl es österreichweit einige Institutionen gibt, die sich mit dem Phänomen Hochbegabung befassen (siehe Anhang) sind Eltern anfangs oft auf sich allein gestellt. Wie Katja H., die vor eineinhalb Jahren selbst den Verein "Hochbegabung Mödling" gegründet hat, "weil es das dort einfach nicht gab". Schon früh ahnte sie, dass in ihrem Sohn Hannes versteckte Talente schlummern: "Im Alter von viereinhalb Jahren konnte er bereits Lesen und Schreiben, weil seine größere Schwester so gern Schule mit ihm gespielt hat." Der Gang zur Schulpsychologin erwies sich als richtungsweisend: Diagnose "Hochbegabt" - vor allem auf technisch-mathematischem Gebiet.

Hochbegabung ist kein stereotypes Merkmal

Auf das Thema aufmerksam geworden, ließ sie daraufhin auch die um zwei Jahre ältere Schwester testen und erhielt Auskunft, dass diese außergewöhnliche Fähigkeiten hinsichtlich Sprache und Gedächtnisleistung hatte. "Dabei hat Maria Lesen und Schreiben erst in der ersten Klasse gelernt", so die Mutter. Fazit ist, Hochbegabung ist kein stereotypes Merkmal. Kein Kind ist wie das andere, auch kein hochbegabtes gleicht dem anderen: Eines ist eher ruhig, ein anderes lebhaft. Eines hat gute Noten, ein anderes durchschnittliche. Das dritte hat sogar schlechte Zensuren und ist verhaltensauffällig, trotzdem ist "Hochbegabung sicher ein Geschenk", ist sich Katja H. sicher und "muss gefördert werden".

www.stadtschulrat.at

www.schulamt.at/begabt

www.begabtenzentrum.at

www.hochbegabung-moedling.at