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Die Bundesbetreuungsrichtlinie, die AsylwerberInnen aus bestimmten Staaten de facto von der Bundesbetreuung ausgeschlossen hat, ist aufgehoben. Damit reagierte das Innenministerium auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH), wonach die Richtlinie gesetzlich nicht gedeckt sei. Die Folge könnte sein, dass alle AsylwerberInnen in die Bundesbetreuung aufgenommen werden müssen.
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Umstritten war sie von Anfang an. Als im Oktober des Vorjahres die Bundesbetreuungsrichtlinie erlassen wurde, übten Flüchtlingshilfsorganisationen heftige Kritik an der Regelung, die AsylwerberInnen aus bestimmten Staaten aus der Bundesbetreuung ausschloss.
Aus ihrer Sicht hat der OGH die Bedenken nun bestätigt. In einem Urteil stellte das Höchstgericht fest, dass die Bundesbetreuungsrichtlinie "durch das Bundesbetreuungsgesetz nicht gedeckt" sei und gegen dessen "Grundwerte" verstoße. Auslöser war der Fall einer Georgierin, die im Frühjahr mit ihren beiden Kindern im Alter von vier Monaten und zwei Jahren aus der Bundesbetreuung entlassen wurde. Mit Unterstützung des "Netzwerks Asylanwalt" ist die Frau vor Gericht gezogen.
"Wir anerkennen selbstverständlich den OGH-Beschluss, daher werde ich die Bundesbetreuungsrichtlinie aufheben", erklärte Innenminister Ernst Strasser am Freitag. Gleichzeitig machte er auf die Konsequenzen aufmerksam. Es sei möglich, dass künftig alle AsylwerberInnen in Bundesbetreuung genommen werden müssen. "Diese Gefahr steht im Raum", meinte Strasser. Dies würde Mehrkosten von bis zu zwölf Mill. Euro monatlich bedeuten.
"Wir müssen uns nun die Kapazitäten anschauen und rasch eine Lösung finden", erklärt Mathias Vogl, stellvertretender Leiter der Sektion Recht im Ministerium. Für den Mittwoch ist ein Treffen mit Ländern, Gemeinden und NGOs geplant: "Die Grundversorgung aller soll in einer gemeinschaftlichen Aktion erfolgen." Wie dies zu regeln sei, müsse aber noch geprüft werden.
Für die Opposition ist das jetzt schon klar. "Die Grundversorgung der Flüchtlinge muss gesichert sein", stellte SPÖ-Menschenrechtssprecher Walter Posch fest. Es sei indiskutabel, dass "Flüchtlinge in Österreich obdachlos sind oder gar hungern müssen". Ähnlich äußerte sich die Grüne Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits. Die Hilfsorganisationen begrüßen den OGH-Beschluss. Das Rote Kreuz sprach in einer ersten Reaktion von einem "bahnbrechenden Urteil". Nun habe das Innenministerium keinen Interpretationsspielraum, um mittellose AsylwerberInnen nicht unterzubringen, hieß es bei SOS Mitmensch.