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Es war das "Jahr des Arbeitszimmers". Was sich 1999 hinsichtlich der steuerlichen Absetzbarkeit der Kosten häuslicher Arbeitsräume getan hat, hat selbst abgebrühte Finanzer überrascht. Die jüngste | heimische Rechtsprechung hat den Steuerzahlern zwar kalt-warm gegeben, aber letztlich auch wieder Hoffnung auf eine vernünftige Auslegung der seit 1996 geltenden Einschränkungen gemacht.
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Rückblende in Stichworten: 1996 fegte das Strukturanpassungsgesetz (StrAnpG) die Absetzbarkeit der Raumkosten eines "im Wohnungsverband gelegenen" Arbeitsraumes vom Tisch. Damit auch gleich die
dort befindliche Einrichtung, ausgenommen Computer und Telekomgeräte. Die Kosten seien · so das tabula-rasa-Gesetz · nur mehr dann steuerlich relevant, wenn sich in dem Heimbüro die "gesamte
betriebliche und berufliche Tätigkeit" des Steuerzahlers abspiele.
Umstrittene Richtlinien
Ein umfangreicher Erlass der Finanz verböserte die gesetzliche Ansage. Ein steuerlich anerkanntes Heimbüro sei nur dann ein solches, wenn dort mehr als 50% der Arbeitszeit gejobbt und mehr als 80%
der gesamten (!) Einkünfte erarbeitet würden. Und "Wohnungsverband" heisse: In der selben Wohnung, im selben Haus oder überhaupt auf dem selben Grundstück.
60% der Heimbüros kippten plötzlich aus den Steuererklärungen. 30% entfielen auf Kanzleiräume, Lager, Studios oder Labors, die · weil anerkanntermaßen berufsspezifisch · ohnehin nicht unter das
Fallbeil des StrAnpG fielen. Nur 10% bekamen eine Chance.
Erfolglose Beschwerden
Etwa zwanzig versuchte Beschwerden vor dem Höchstgericht gegen die unliebsame Norm konnten die Verwaltungsrichter nicht umstimmen. Noch im Jänner hegten die Richter des Gerichtssenats 13 keinerlei
verfassungsrechtliche Bedenken gegen die steuerliche Arbeitsraumdrosselung. Erst recht nicht bei einem Lehrer, dessen Haupttätigkeit ja in der Schule zu liegen habe, sagten die Richter. Deshalb
fällte der Senat am 26. Mai gleich ein weiteres Verdikt gegen einen Pädagogen.
Tatsächlich scheint ja schon der Gesetzgeber etwas gegen die Lehrer zu haben: Zugleich mit den Vertretern und den Politikern hatte er ihnen schon in der Regierungsvorlage zum StrAnpG jedes Recht auf
häusliche Arbeitsräume abgesprochen.
50%/80% · Grenze entfällt
Einen Tag später, am 27. Mai, setzen allerdings die Richter vom Senat 15 einen Paukenschlag. Die Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers hänge nicht von der Struktur der gesamten Einkünfte
eines Berufstätigen ab, sondern bloß von jener Einkunftsart, für die das Heimbüro benützt wird.
"Jedenfalls dann, wenn eine Einkunftsquelle den Aufwand für das Arbeitszimmer bedingt, die andere aber nicht, ist der Mittelpunkt der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit nur aus der Sicht der
einen Einkunftsquelle zu bestimmen", lautete der Wahrspruch der Höchstrichter (GZ 98/15/0100). Vorbei war die kasuistische 50%- und 80%-Feilscherei.
Einkunftsquelle als Voraussetzung
Ein Finanzbeamter (mit erlaubten Nebeneinkünften) hatte das Sensationsjudikat bewirkt, und Dienstnehmer oder Pensionisten (mit erlaubten Nebeneinkünften) werden ihm dankbar sein: Häusliche
Arbeitsraum- und Einrichtungskosten innerhalb einer ertragbringenden Berufsarbeit dürfen ab sofort wieder steuerabsetzbar sein.
Acht weitere Beschwerdeführer durften sich an der freundlichen Rechtsansicht des 15er-Senats weiden. Die Finanz änderte auch flugs ihren ersten Ukas und folgte der neuen Richtermeinung. Bis ein
weiteres Judikat des gleichen Senats die Freude wieder ein bisschen einbremste.
Nicht für Vermögensverwaltung
Schon möglich, sagten die Richter jetzt, dass ein häusliches Arbeitszimmer innerhalb einer bestimmten Einkunftsart notwendig ist. Aber es müssen betriebliche oder berufliche Einkunftsarten sein.
"Betrieblich" ist klar: Agrarwirtschaft, Gewerbe, Freiberufe. "Beruflich" ist zwar nicht klar, aber eine bloße Vermögensverwaltung ist jedenfalls nicht beruflich (GZ 98/15/0211). Wenn also einer eine
Handvoll Wohnungen oder Miethäuser sein eigen nennt und diese von seiner Wohnung aus vermietet und verwaltet, dann braucht er mit den häuslichen Arbeitsraumkosten gar nicht erst vor der Finanz
erscheinen. Raum- und Einrichtungskosten (auch anteilig) sind diesfalls steuerlich tabu. Ein Trauertag für alle Vermögensverwalter mit Verwaltungszentrale im eigenen Wohnungsverband.
Gemeinsamer Wohnungseingang
Im eigenen Wohnungsverband? Senat 13 trat wieder in Erscheinung und nahm sich einer diesbezüglichen Beschwerde eines betroffenen Steuerzahlers an. Der Beschwerdeführer sah im Geiste schon einer
Abweisung entgegen. Hatte doch auch die Finanz in ihrem Erlass eindeutige Hinweise vorformuliert. Als Wohnungsverband gelte die eigene Wohnung, das eigene Haus, das selbe Grundstück (und sei es bloß
ein Gartenhäuschen). Selbst wenn einer in der gleichen Etage eine betrieblich/beruflich veranlasste Zweitwohnung anmietet, sei das noch immer der gleiche Wohnungsverband und daher steuerlich
unwirksam, hieß es im Erlass.
Alles falsch, dozierte das Höchstgericht jedoch nun. "Im Wohnungsverband liegt ein Arbeitszimmer dann, wenn es mit den privat genutzten Räumen über einen gemeinsamen "Wohnungseingang verfügt". Eine
separate Arbeitswohnung im gleichen Stockwerk wie die Privaträume liege daher nicht im Wohnungsverband; sie falle daher auch nicht unter die Einschränkungen des StrAnpG (GZ 99/13/0093).
Die neue Rechtsprechung ist leider kein Grund für eine Wiederaufnahme alter, bereits rechtskräftiger Steuerverfahren. Immerhin könnte sie helfen, die Jahre seit 1996 hinsichtlich der Arbeitsraum- und
Einrichtungskosten zu sanieren, wenn diese Verfahren noch nicht rechtskräftig sind oder aus anderen Gründen wieder geöffnet werden.
Fallen die Ausgrenzungen?
Das erwähnte "Wohnungsverband"-Judikat hat übrigens auch aus einem anderen Grund Aufsehen erregt. Die Senat 13-Richter fanden nämlich, - anders als zu Beginn des Jahres · dass auch ein AHS-Lehrer
gegebenenfalls ein häusliches Arbeitszimmer haben könnte, außerhalb der eigenen Wohnung; ein separat gemietetes etwa. So wie sie es anno dazumal schon einmal einer Mittelschulprofessorin zuerkannt
hatten.
Ist das Votum des StrAnpG gegen die Lehrer, Vertreter und Politiker bald nur mehr Makulatur? Im Finanzministerium hält man neuerdings auch bei den Außendienst tuenden Handelsvertretern ein Heimbüro
wieder für "denkmöglich". Zeichen an der Wand. 1999 war das Jahr des Arbeitszimmers.