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Höchstgericht prüft "Strafbesteuerung" für die "schwarzen" Auslandsfonds

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Die Vorwürfe an den Fiskus lesen sich deftig: "Erdrosselungssteuer" heißt es da und "verfassungswidrige Enteignung". Die beiden Steuerzahler, die sich solcherart erbost an den Verfassungsgerichtshof gewendet haben, sind nicht zu beneiden: Sie müssen für die Mini-Erträge aus ihren Wertpapierveranlagungen Fiktivbeträge versteuern, die weit über 100% hinausgehen. Diese "Strafbesteuerung" betrifft die so genannten "schwarzen" Auslandsfonds. Jetzt hat das Höchstgericht allerdings Bedenken gegen diese Art exzessiver Tribute angemeldet und will prüfen, ob das alles rechtens ist. *)


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Finanz und Steuerpraxis unterscheiden bei den Investmentfonds ausländischer Provenienz zwischen weißen, grauen und schwarzen Fonds. Während die ersten beiden ihre Erträge durch österreichische Vertreter gegenüber der Finanzverwaltung detailliert offen legen und damit - im Sinne des Fiskus - eine brauchbare Besteuerungsbasis aus den steuerwirksamen Erträgen zuliefern, ist das bei vielen anderen ausländischen Fonds nicht der Fall. Sie sind die "schwarzen Fonds": keine offizielle Vertriebszulassung im Inland, kein inländischer Vertreter, keine für den Fiskus relevante Offenlegung der erwirtschafteten Erträge.

10% Fiktiverträge

Der Fiskus schlägt zurück. Im Investmentfondsgesetz wird vorgesehen, dass die steuerpflichtigen Erträge aus schwarzen Fonds (egal, ob nachweislich ausgeschüttet oder thesauriert) im Wege einer Pauschalierung ermittelt werden müssen: seitens des heimischen Steuerzahlers unwiderlegbar, selbst wenn er seine aus den Fondsanteilen zugemessenen Ertragsanteile (etwa durch Rechenschaftsberichte oder Bankbestätigungen) glaubhaft nachweisen könnte.

Diese Pauschalsteuer beträgt 10% des Unterschiedsbetrages zwischen dem ersten und letzten Rücknahmewert der Anteile während des Kalenderjahres, mindestens aber - was der Regelfall ist - 10% des Ultimo-Rücknahmepreises. Was somit - auch in Verlustjahren! - jedenfalls eine (fiktive) 10%ige steuerpflichtige Fondsrendite unterstellt.

Mindeststeuer beim Verkauf

Werden derlei Fondsanteile während des Jahres veräußert, dann schlägt der Fiskus nochmals zu: Er besteuert den Veräußerungsgewinn (Veräußerungspreis minus Rücknahmewert am Jahresanfang), mindestens aber 0,8% des bei der Veräußerung festgesetzten Rücknahmepreises, und zwar für jeden angefangenen Monat im Jahr der Veräußerung.

Diese pauschale Fiktivertragsbesteuerung wurde übrigens auch nach den im Vorjahr verkündeten Erleichterungen bei der Auslandsfonds-Besteuerung nicht geändert. Lediglich der Steuersatz für die Erträge wurde verringert: Statt der normalen Tarifbesteuerung gilt seit 1. April 2003 der 25%ige Sondersteuersatz, nur teilweise Endbesteuerung und unveränderte Einkommensteuererklärungspflicht.

Die im Rechtsmittelverfahren von den Unabhängigen Finanzsenaten in Linz und Wien getroffenen Entscheidungen konnten sich natürlich nur an die vorgegebene Rechtslage halten. UFS Linz: Kein offizieller Nachweis der Auslandsfonds-Erträge zugelassen, daher Anwendung der Pauschalmethode. Alles unbedenklich. So auch die Stellungnahme gegenüber dem Verfassungsgericht. Der UFS Wien ließ sich auf eine Diskussion über die mögliche Diskriminierung und gemeinschaftswidrige Behandlung von Auslandsfonds erst gar nicht ein; er gab keine Stellungnahme ab.

Das etwas ratlose Höchstgericht bat - was eher selten vorkommt - auch noch den Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst um seine Meinung. Dort erfuhr er aber auch nichts Neues: Die Schätzungsbefugnis sei unbedenklich, die hohe Fiktivrendite von 10% enthalte einen Sicherheitszuschlag, Pauschalierungen seien auch nach Gemeinschaftsrecht zulässig.

Drei Konfliktebenen

Unbedenklich? Zulässig? Die Verfassungsrichter sehen nach ihrer Analyse drei massive Bedenklichkeiten:

1. Die Pauschalmethode erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn sie sich über längere Zeit den tatsächlichen Erträgen angleicht. Das ist offenbar derzeit nicht der Fall.

2. Bei ausschüttenden Fonds werden die Ausschüttungen und zusätzlich die fiktiven Pauschalbeträge besteuert; bei thesaurierenden Fonds werden bloß die Fiktiverträge herangezogen. Eine Ungleichbehandlung der Fonds.

3. Die 10%ige Mindeststeuer wird auch dann erhoben, wenn der Kapitalanleger aus seinen Fondsanteilen niedrigere oder gar keine Erträge erzielt. Sachlich nicht begründbar.

VfGH prüft InvFG

Das Verfassungsgericht hat jetzt das Gesetzesprüfungsverfahren zu den betreffenden Paragraphen des Investmentfondsgesetzes eingeleitet. Solche Verfahren geben den Steuerzahlern häufig Grund zur Hoffnung.

*) VfGH B 539/03 u. 1446/03 v. 12. 3. 2004