Josef Pröll lobt am Donnerstag Heinz Fischer, am Freitag kritisiert er ihn. | Fast könnte man meinen, Hans Dichand habe der ÖVP mit seinem Wunsch nach beiden Prölls an der Spitze des Staates - der Onkel als Bundespräsident, der Neffe als Kanzler - ein Danaergeschenk bereitet. Insbesondere im damit quasi inoffiziell eröffneten Rennen um die Hofburg schafft es die ÖVP spielend, sich selbst zu widersprechen.
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Da überschüttet etwa ÖVP-Chef Vizekanzler Josef Pröll den amtierenden Bundespräsidenten in Interviews vom Donnerstag mit Lob und Wertschätzung, attestiert Heinz Fischer eine bisher "professionelle" Amtsführung, eine "sehr bürgernahe Politik" und selbst "in puncto Gleichbehandlung der Parteien" gebe es "nichts auszusetzen".
Nur um am Freitag das schöne Bild wieder zurechtzurücken: "Heinz Fischer kommt aus dem Zentrum des SPÖ. Es hat auch in seiner Amtsführung parteipolitische Stellungnahmen abgegeben, die manchen in der ÖVP und auch mir durchaus aufgestoßen sind. Etwa zum Schulsystem, zur Vermögensbesteuerung, zuletzt beim Gewerkschaftstag", listet Josef Pröll die Sündenliste des Bundespräsidenten aus ÖVP-Sicht auf. Man hört die Botschaften und ist verwirrt.
Während also die ÖVP versucht, mit Person und Amtsführung des Bundespräsidenten ins Reine zu kommen, nutzt Heinz Fischer die erhöhte Aufmerksamkeit, um sich selbst in ein optimales Licht zu rücken. Tatsächlich führt die Debatte im aktuellen Sommerloch vor allem dazu, dass der Hausherr in der Hofburg unter besonders genauer Beobachtung der Medien steht. Die Demon-stration der eigenen körperlichen Fitness durch die Besteigung des Piz Buin (3312 Meter) in dieser Woche wird so zur souverän gesetzten Konterattacke, medial noch dazu handwerklich perfekt in Szene gesetzt.
Fischer ist zu lange im politischen Geschäft, als dass man ihn mit solchen Tricks aus der Reserve - und damit um einen eigenen Vorteil - bringen könnte. Der Plan, wenn es denn einen solchen je gegeben haben sollte, durch öffentliche Spekulationen über einen Gegenkandidaten mit Namen Erwin Pröll Druck auf Fischer auszuüben und ihn so zu einer vorzeitigen Erklärung in Sachen Wiederkandidatur zu drängen, ist jedenfalls grandios gescheitert.
Auch wenn Josef Pröll nun versucht, die losgetretene Debatte wieder einzufangen und auf den Herbst zu verschieben - je später desto besser, gibt der ÖVP-Obmann jetzt zu Protokoll, "um den Wahlkampf kurz zu halten": Die Volkspartei wird das Thema nicht mehr loslassen können. Ob sie will oder nicht, wird sie daher so lange, bis endgültig eine Entscheidung über eine eigenständige ÖVP-Kandidatur gefallen ist, erklären müssen, dass dafür die Zeit noch nicht reif ist. Natürlich nicht ohne auf den relativ nichtssagenden Hinweis zu vergessen, dass für eine staatstragende Partei wie die ÖVP eine Kandidatur für das höchste Amt natürlich immer eine Option sein müsse. Nona.
Einziger Ausweg aus dieser fruchtlosen Debatte ohne Erkenntnisgewinn: Die Medien vergessen sie so schnell wieder, wie sie durch ein Eigen-Interview des "Krone"-Chefs aus dem Hut gezaubert wurde. Wahrscheinlicher jedoch ist, dass die Medien die ÖVP nicht so schnell vom Angelhaken lassen.