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Ein Gott von außen, die Baker-Kommission, soll für die USA Auswege aus dem Irak-Dilemma suchen und finden. Das erinnert | irgendwie an die Arbeitsweise | antiker Dramatiker. | Wenn die Verwicklungen im antiken Drama zu kompliziert wurden, um noch von Menschen gelöst zu werden, musste einer der Götter eingreifen: Der Deus-ex-Machina, der Gott aus der Maschine, heißt heute Baker-Hamilton-Kommission. Ich bin durchaus ein Freund von Göttern, die rauchverhüllt von einem Kran schweben, wenn das den USA hilft, wieder die Initiative im Nahen Osten zu ergreifen. Und tatsächlich zeigt die Studiengruppe zum Irak bereits diese Wirkung. Bevor man noch ein Wort von ihr hörte, verbreitete sie schon ein Gefühl von Hoffnung und Machbarkeit.
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Allerdings sind sich die Politiker im Nahen Osten noch nicht ganz klar darüber, wie sie mit der neuen US-Initiative umgehen sollen. Das ist typisch: Diplomatie schafft Raum für Manöver. Und meist schafft sie auch Erwartungen, die nicht erfüllt werden können.
Der nächste Schritt, den Präsident Bush nun tun sollte, ist, James Baker, einen der Vorsitzenden der Irak-Gruppe, als Nahost-Gesandten einzusetzen. Allerdings werden sich Baker und die anderen "Götter" der Gruppe in den nächsten Wochen zu den anderen - allzu menschlichen - Spielern auf der Bühne (und auf den Boden der Tatsachen) herablassen müssen.
Die Kommission soll, wie man hört, für Verhandlungen mit dem Iran und Syrien sein und für einen neuen Vorstoß im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Sehen wir uns die Rolle des Irans einmal näher an.
Baker traf kürzlich den iranischen UN-Botschafter Javad Zarif und hörte sich eine ausführliche Erklärung der iranischen Bedenken an. Teheran teile, so Zarif, den Wunsch der USA, die Lage im Irak zu beruhigen und unterstütze keineswegs nur einseitig einen Sieg der Schiiten im irakischen Bürgerkrieg. Der Iran wolle keinen geteilten Irak, sagte Zarif, sondern einen demokratischen, allerdings mit den Schiiten am Ruder, aber doch auch mit so zufriedenen Sunniten, dass die Kämpfe eingestellt werden.
Aber der Iran misstraue einer US-Politik, so Zarif weiter, die die Hilfe der iranischen Regierung suche, gleichzeitig aber einen Regierungswechsel in Teheran anstrebe. "Man verhandelt nicht gern mit jemand, der einen zu stürzen versucht", erklärte mir dazu ein iranischer Diplomat.
Wie sollen Verhandlungen also funktionieren? Dafür gibt es bereits ein Rezept, das im Frühjahr 2003 von iranischen Diplomaten erstellt worden ist, und zwar während geheimer Gespräche mit den USA über Afghanistan und den Irak. Die Iraner erarbeiteten damals ein Dokument über "Gespräche in gegenseitigem Respekt". Ganz oben auf der Liste steht die Forderung an die USA, feindseliges Verhalten zu unterlassen, gefolgt vom Wunsch nach Aufhebung aller Sanktionen und gemeinsamen Anstrengungen für die Entwicklung der Demokratie im Irak.
Diese Gespräche im Jahre 2003 scheiterten vor allem an der Forderung Teherans, anti-iranische Terroristen im Irak zu verfolgen. Das Pentagon lehnte das absurderweise ab, weil man hoffte, die anti-iranischen Gruppen könnten eine Revolution im Iran anzetteln. Nun könnten die Iraner natürlich sagen, die Sache mit dem "gegenseitigen Respekt" von 2003 sei lange schon endgültig vom Tisch, aber genau das sollte Baker bei einem Besuch in Teheran herausfinden.
Fest steht, die Unterstützung wird etwas kosten, sowohl die des Irans als auch die Syriens. Und natürlich könnte der Preis zu gepfeffert ausfallen. Aber das ist das Wesen von Verhandlungen, dass bei Verfolgung gemeinsamer Interessen die Forderungen allmählich realistischer werden. Auf diese Art von Gesprächen sollten sich die USA einlassen und zwar, so es die Götter aus der Theatermaschine zulassen, möglichst bald.
Übersetzung: Hilde Weiss