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Hoffen auf Dialogbereitschaft

Von Matthias Ziegler

Politik

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Das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christenheit, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel begrüßte das Pontifikat Benedikts XVI. Er äußerte zugleich die Hoffnung, dass katholische und orthodoxe Kirche künftig besser miteinander auskommen werden. Der neue Papst wisse hoffentlich "den Reichtum der Geistlichkeit der östlichen orthodoxen Kirche zu schätzen".

Auch die serbisch-orthodoxe Kirche erwarte, dass Benedikt XVI. als bedeutender zeitgenössischer Theologe zur Förderung des ökumenischen Dialogs beitragen werde, erklärte der montenegrinische Metropolit Amfilohije. Mit Kardinal Ratzinger habe man bereits vor zwei Jahren "sehr lange und sehr inhaltreiche theologische Gespräche über die Rolle des Christentums in der modernen Welt" geführt. Dennoch war die Wahl Ratzingers zum Papst für den Wiener orthodoxen Methropoliten Michael Staikos "eine große Überraschung". Er habe eigentlich mit einem Italiener gerechnet, meinte Staikos, der jedoch die Entscheidung auch als "Bereicherung für die katholische Kirche" wertet.

Besorgnis über die Wahl von Kardinal Joseph Ratzinger zum neuen Papst ließ hingegen Gill Daude von der protestantischen Föderation Frankreichs erkennen. Er habe bisher als "Mann der Note" die anderen Kirchen "nicht als wirkliche Kirchen anerkannt". Als Benedikt XVI. müsse er nun "die Weste des Großinquisitors ablegen und konkrete Zeichen des Dialogs setzen". Der deutsche Kirchenkritiker Eugen Drewermann fürchtet allerdings, "dass Ratzinger die Divergenzen der Kirchen weiter verstärken wird".

Dass der neue Papst wie schon sein Vorgänger "Brücken zwischen Christentum und Islam bauen wird", hofft Masduki Baidlowi, eine der Führungsfiguren im größten indonesischen Moslem-Verband Nadhlatul Ulama. Auch der malaysische Ministerpräsident Abdullah Ahmad Badawi möchte ein "größeres Vertrauen" zwischen den beiden Weltreligionen aufbauen.

Begrüßt wurde die Wahl Ratzingers auch vom britischen Holocaust Center. Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen als Mitglied der Hitlerjugend und im Dienst des Dritten Reichs werde Benedikt XVI. hoffentlich in der Lage sein, die Konfrontation der Kirche mit ihren eigenen Altlasten hinsichtlich Antisemitismus fortzusetzen.