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Hoffen auf die "Angfressenen"

Von Walter Hämmerle

Politik
"Ich sage ja gar nicht, dass man beim Heer nicht sinnvoll sparen könnte, etwa bei der Zentralstelle, der Ministeriumsverwaltung. Die ist nach wievor aufgebläht und überbesetzt", sagt der steirische FPÖ-Spitzenkandidat Mario Kunasek im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
© Andreas Urban

Der steirische FPÖ-Spitzenkandidat Mario Kunasek über die Nöte des Heeres, den Wandel der Blauen von Anti-Kommunisten zu Putin-Verstehern und die Landtagswahlen 2015.


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"Wiener Zeitung": Herr Kunasek, Sie sind Wehrsprecher Ihrer Partei und Vorsitzender des Landesverteidigungsausschusses. Am Sparkurs beim Heer lassen Sie kein gutes Haar, stattdessen fordern Sie mehr Geld. Was Sie nie dazusagen, ist: wem wollen Sie es wegnehmen?

Mario Kunasek: Das Bundesheer hat über die letzten zehn Jahre bereits zwei Milliarden eingespart, das entspricht einem ganzen Jahresbudget. Jetzt sollen noch einmal 200 Millionen gekürzt werden, aber irgendwann ist der Punkt erreicht, wo alle Sparpotenziale ausgereizt sind; beim Bundesheer sind wir jetzt so weit. Das Heer braucht mehr Geld, sonst geht es nicht mehr.

Bei Schulen, Wissenschaft, Pensionen und Gesundheit ist das Geld auch knapp.

Ich sage ja gar nicht, dass man beim Heer nicht sinnvoll sparen könnte, etwa bei der Zentralstelle, der Ministeriumsverwaltung. Die ist nach wie vor aufgebläht und überbesetzt. Der versprochene Weg "weg vom Wasserschädl, hin zur Truppe", der ist nie passiert. Das ist aufgrund des Beamtendienstrechts nicht leicht, aber trotzdem notwendig - dafür brauchen wir aber ein neues Dienstrecht. Das liegt ja längst in einer Schublade, aber man muss sich auch politisch drübertrauen. Daneben führt an einer Sonderfinanzierung kein Weg vorbei, um sicherzustellen, dass das Heer seinen Aufgaben nachkommen kann. Jetzt geht es um die Einsatzfähigkeit der Truppe und damit um die Sicherheit des Landes. Derzeit bekommen wir nicht einmal ausreichend Ausbildner für die Grundwehrdiener zusammen. Das Bundesheer ist für gut ausgebildete, engagierte Junge nicht mehr attraktiv.

Etliche Experten sind der Ansicht, dass das Heer und seine Strukturen neu gedacht werden müssen. Traditionelle Landesverteidigung sei passé, vorrangig seien künftig Katastrophen- und internationale Einsätze. Teilen Sie diese Sicht?

Dass sich bei der Bedrohungsanalyse einiges geändert hat, ist richtig. Aber für mich gehört zur Landesverteidigung auch der Schutz von Flughäfen, Pipelines oder E-Werken. Dazu brauche ich nicht nur ausreichend Soldaten, sondern auch schweres Gerät wie Panzer. Und auch die internationale Lage kann sich schnell ändern, wie man in der Ukraine erkennen kann. Es ist verantwortungslos, jetzt alle Fähigkeiten herunterzufahren, die man dann erst wieder mühsam aufbauen muss. Das ist auch im Sinne der Neutralität ein falscher Zugang. Wenn wir den jetzigen Kurs weiterverfolgen, steht die Neutralität zur Disposition, dann ist der Weg in die Nato vorgezeichnet. Wir Freiheitliche wollen das nicht.

Wie ist es zur heute so innigen Liebe der FPÖ zur Neutralität und Russlands gekommen? Einst war die FPÖ eine pro-amerikanische, westlich orientiere Partei, die sich einen Nato-Beitritt vorstellen konnte. Hat es mit dem Ende des Kommunismus und dem Einzug des Nationalismus im Kreml zu tun?

Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Es stimmt, dass die FPÖ früher mit der Nato liebäugelte, aber es wird schon seinen Grund gehabt haben, dass sich 2005 das BZÖ von der FPÖ abspaltete. Seit Heinz-Christian Strache FPÖ-Chef ist, verfolgen wir eine konsequente Pro-Neutralitätspolitik.

Dass Österreich nach 1945 einen solchen Aufschwung erlebt hat, führen viele Experten nicht auf die Neutralität, sondern auf die implizite Sicherheitsgarantie der USA und der Nato zurück. Sie auch?

Das ist eine vereinfachte Darstellung, die ich so nicht teilen kann. Wir sind mit der Neutralität, solange wir sie gelebt haben, also bis vor 15, 20 Jahren, auch international sehr gut gefahren. Erst seit wir sie selbst nicht mehr ernst nehmen, wirft man uns Trittbrettfahrerei vor.

Wir sind immerhin EU-Mitglied und deshalb angehalten, außenpolitische Beschlüsse auch mitzutragen.

Dank der Neutralität haben wir in der EU eine Sonderrolle und können einen eigenen Kurs verfolgen. Der fehlt mir derzeit.

Die FPÖ schneidet umso besser ab, je weiter die Wahlebene vom Bürger entfernt ist. Die Bürger haben offensichtlich weniger Vertrauen in die FPÖ, wenn es um den unmittelbaren Lebensbereich geht. Warum?

Ich sehe das nicht so. In der Steiermark sind wir 2010 bei den Gemeinderatswahlen nur in jeder zweiten Gemeinde angetreten, auch im kommenden Frühjahr werden wir wieder etliche weiße Flecken haben.

Trotzdem: In der Steiermark schafften Sie bei der Nationalratswahl Platz eins, bei der EU-Wahl war es Platz zwei, doch wenn es um die Landesebene geht, liegt die FPÖ um Welten hinter SPÖ und ÖVP.

Warten Sie ab, wie die Landtagswahlen 2015 ausgehen.

Treten Sie für die FPÖ als Landeshauptmann-Kandidat an?

Wir werden auf alle Fälle das historisch beste Ergebnis übertreffen (17,1 Prozent 1995; Anm.).

Warum so defensiv nach den Erfolgen bei den Nationalrats- und EU-Wahlen?

Wir wissen ja noch nicht einmal, wer außer Franz Voves für die SPÖ bei den anderen Parteien antritt. Unser Hauptziel ist es, die Mehrheit dieser angeblichen Reformpartnerschaft von SPÖ und ÖVP aufzubrechen. Ich weiß schon, außerhalb der Steiermark wird diese Koalition bejubelt, aber glauben Sie mir: Die Steirer sind "angfressen".

Aber warum sagen Sie nicht: Ich will Landeshauptmann werden?

Wir sind die Herausforderer der rot-schwarzen Einheitspartei, wir wollen SPÖ und ÖVP unter 50 Prozent drücken.

Und dann?

Dann sind wir offen, sowohl mit SPÖ oder ÖVP zu regieren. Der Proporz ist dann abgeschafft, aber wir geben sicher keinen billigen Mehrheitsbeschaffer.

Zur Person
Mario Kunasek: Der 38-jährige Steirer und Vize von FPÖ-Chef Strache ist seit 2008 Nationalrat. Er lernte erst Kfz-Techniker und entschied sich dann für eine Karriere beim Heer als Unteroffizier. Kunasek ist FPÖ-Spitzenkandidat für die steirischen Landtagswahlen 2015.