Fragen der Entwicklungszusammenarbeit mit den Behörden der palästinensischen Autonomiegebiete standen im Mittelpunkt des zweiten Besuchstages von Außenministerin Ursula Plassnik im Nahen Osten. Plassnik traf am Montag unter anderem zu Gesprächen mit dem palästinensischen Premierminister Ahmet Korei, Präsident Mahmoud Abbas, Planungsminister Ghassan Al-Khatib sowie mit einer Gruppe palästinensischer Frauen zusammen.
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Ursula Plassnik wies darauf hin, dass es eine Reihe von Projekten in den palästinensischen Gebieten gibt, die schon derzeit laufen. In den Gesprächen habe man abgeklärt, was für die Palästinenser derzeit am dringendsten ist. Nach den Gesprächen mit Korei sagte sie, man habe einen Meinungsaustausch sowohl über die Hoffnungen als auch die Frustrationen geführt. Einer der künftigen Schwerpunkte werde darin bestehen, die Palästinenser bei der Ausbildung in den Bereichen zu unterstützen, die für die Rechtsstaatlichkeit von besonderer Bedeutung sind. Österreich werde dafür eine Mio. Euro an Förderungen locker machen, die etwa der Ausbildung hoher Beamter, aber auch der Landwirtschaft zu Gute komme. Ziel sei es, die palästinensischen Behörden mit österreichischem Know-how in der nächsten Phase des Friedensprozesses zu helfen.
Als besondere Projekte der Zusammenarbeit mit den Palästinensern führte Plassnik Projekte im Gesundheitsbereich, zur Meerwasserentsalzung und im Bereich der Informationstechnologie an. Besondere Bedeutung kommt auch der humanitären Hilfe für palästinensische Kinder, etwa der Verteilung von Milch an Kleinkinder aber auch der psychosozialen Unterstützung für Kinder in den besetzen Gebieten zu, sowie einem Beschäftigungsprogramm für Jugendliche im Gaza-Streifen und Aktivitäten im Bildungsbereich.
An ihrem ersten Besuchstag am Sonntag war Plassnik mit dem israelischen Staatspräsidenten Moshe Katsav, Premierminister Ariel Sharon sowie mit ihrem Amtskollegen Silvan Shalom zu Gesprächen zusammen getroffen. Im Mittelpunkt dieser Gespräche standen die Vorbereitungen für die am 1. Jänner 2006 beginnende EU-Präsidentschaft Österreichs. In der Unterredung mit Shalom waren die wirtschaftlichen Auswirkungen des ab 15. August geplanten Rückzugs der Israelis aus den Siedlungen im Gaza-Streifen zentrales Thema. Plassnik berichtete den österreichischen Journalisten von einer steigenden Nervosität vor diesem innenpolitisch in Israel umstrittenen Schritt und gab der Hoffnung Ausdruck, dass dieser Rückzug nicht durch terroristische Zwischenfälle gestört werde. Sie bezeichnete die Wiederaufnahme der Kontakte zwischen Israelis und Palästinensern als ermutigendes Zeichen.
Keine Kontakte mit Hamas
Zur Frage der möglichen Kontaktaufnahme zu gewählten Vertretern der Hamas in den Palästinensergebieten stellte Plassnik klar, dass die EU beschlossen hat, keinen Kontakt zu Gruppen zu pflegen, die Israel nicht anerkennen, und nicht auf Gewalt verzichten. Natürlich stand auch die Lage im Iran nach den Präsidentenwahlen zur Debatte. Der israelische Außenminister Shalom äußerte die Befürchtung, dass es dort nicht in Richtung Reform, sondern in Richtung Extremismus gehe, bezweifelte, dass es sich bei den iranischen Präsidentenwahlen um einen demokratischen Urnengang gehandelt habe.
Begonnen hatte Plassnik ihren Besuch in Israel mit einem Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, wo sie durch das vor kurzem neu gestaltete Museum geführt wurde. Niemand könne aus dieser Gedenkstätte hinausgehen, ohne tief berührt und erschüttert zu sein, sagte die Außenministerin und unterstrich, dass aus dem Wissen um diese furchtbaren Ereignisse eine besondere Verantwortung erwächst.
Ari Rath wieder eingebürgert
Eine Verantwortung, der sich Plassnik am Ende des abendlichen Botschaftsempfanges in einer berührenden Begegnung stellte. Sie überreichte dem in Wien geborenen Ari Rath, dem früheren Chefredakteur der Jerusalem Post, die Urkunde über die Wiederverleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, die ihm die Nazis entzogen hatten. Rath, der im Jänner dieses Jahres seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, wurde damit völlig überrascht. Erst vor kurzem hatte er der Wiederverleihung zugestimmt, die er vor 40 Jahren nach eigenen Worten noch abgelehnt hatte.