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Rund 90 Fans bei Wahlkampfauftakt in Wien Döbling. | Gehring will "Präsident mit Herz und Hirn" sein. | Wien. Es war ein Wahlkampfauftakt, wie man ihn von einem gläubigen Christen erwartet. Rudolf Gehring, Präsidentschaftskandidat der Christlichen Partei Österreichs (CPÖ), hat am Dienstagabend mit einer Messe im Kreise seiner Anhänger das Rennen um die Hofburg eröffnet.
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Danach ging es in die "Residenz Zögernitz", ein altes Tanzlokal in Wien-Döbling. Kurz nach 19 Uhr begann sich der große Saal, dem man deutlich ansah, dass dort einst schon Vater und Sohn Johann Strauß verkehrten, zu füllen. Um halb acht wurden dann die rund 90 Fans des christlichen Kandidaten von Pater Clemens - Gehrings langjährigem Vertrauten - mit einem gemeinsamen Vater Unser auf den christlichen Glauben eingeschworen.
Bei gratis Würstel und alkoholfreien Getränken erklärte Gernot Steier, Vorsitzender des Unterstützungskomitees, er hoffe, dass er Gehring in einigen Wochen "als zukünftigen Präsidenten vorstellen" könne, was mit freundlichem Applaus quittiert wurde.
Kurz nach halb acht betritt denn der Kandidat selbst - er wurde zu der Wahlveranstaltung von seiner Frau Edeltraud und dreien seiner vier Töchter begleitet - die Bühne. Seine rund 40-minütige Rede startet Gehring mit einem "herzlichen Grüßgott", um dann über Gott und die Welt zu referieren.
So bedankt er sich zunächst für die rund 8000 Unterstützungserklärungen, die er für seine Kandidatur erhalten hat - nicht ohne Seitenhieb auf die "parteipolitisch durchsetzte Bürokratie, die es uns Christen oft sehr schwer macht". Wie schon jüngst im Interview mit der "Wiener Zeitung" erklärt Gehring, dass man nicht plakatieren werde: "Wir müssen nicht das Wort Werte plakatieren, wir leben sie ganz einfach." Alle, die an seinen Chancen gegen einen "übermächtigen" Heinz Fischer zweifeln, erinnert der Christ an den Kampf David gegen Goliath. Auch David habe mit Gott gesiegt.
Sein Wählerpotenzial sieht Gehring offenbar in den Weißwählern. Ungültig Wählen sei demokratiepolitisch bedenklich, sagt er. Wenn man weder einen "altsozialistischen" noch einen "deutsch nationalen" Kandidaten wolle, dann gebe es nur ihn. Anders als der amtierende Bundespräsident wolle er in der Wirtschaftskrise ein mutiger Präsident sein und die Regierung "jeden Tag drängen, rechtzeitig zu sparen". Zur Einwanderung erklärt Gehring, dass er für jene da sein wolle, die "integrations- und arbeitswillig sind", aber auch die "christlich abendländische Tradition" bewahren wolle.
Auch wolle er sich für die Familien einsetzen - denn "Kinderlachen ist die Musik der Zukunft", meint er, wofür er im Publikum, in dem auch Familien vertreten sind, Applaus erntet. Und: Er werde "Sprachrohr der ungeborenen Kinder" sein. Familienarbeit müsse einem außerhäuslichen Beruf gleichgestellt werden, die Ehe dürfe es nur für Mann und Frau geben, sagt er.
Nachdem er gegen die "Parteibuchwirtschaft" gewettert hat, betont Gehring, er werde ein Bundespräsident "mit Herz und Hirn" sein und schließt mit den bekannten Worten "Gott schütze Österreich", wofür er Standing Ovations erntet.
Beten für das Land
Die Inszenierung war - auch Dank eines altersschwachen Mikrofons - nicht perfekt, was die Zuneigung des Publikums jedoch nicht minderte. "Ich bin begeistert", sagte etwa eine Künstlerin aus Gehrings Wohnort Perchtoldsdorf. Wie auch Gehring in seiner Rede betonte sie, wie wichtig es sei, dass auch auf politischem Parkett gebetet wird: "Für das Land zu beten, ist ein biblischer Auftrag." Auch ein Wiener Beamter lobte den Idealismus der CPÖ, "wo es den anderen Parteien ja nur mehr um Macht geht". Der Illusion, dass der Christ tatsächlich Präsident werde, gebe er sich aber nicht hin. Von Hoffnung getragen war der ungewöhnliche Wahlkampfstart aber allemal.