Skopje - Mit Panzerfäusten und Maschinengewehren griffen die Albaner-Rebellen am Mittwoch an. Mindestens zehn slawische Mazedonier starben in dem heftigen, stundenlangen Gefecht. Der Schlag gegen den Konvoi der Regierungstruppen in dem hügeligen Gelände zwischen der Albaner-Hochburg Tetovo und der Hauptstadt Skopje war die bisher wohl heftigste Eskalation seit dem Beginn des Mazedonien-Konflikts und wohl ein Vergeltungsschlag für die Erschießung von fünf UCK-Männern in Skopje am Tag zuvor.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Doch während erneut die Waffen sprechen, laufen vor dem Hintergrund der Friedensgespräche von slawischen Mazedoniern und Albanern schon die Planungen für eine NATO-Mission, die die Rebellen der "Nationalen Befreiungsarmee" (UCK) mit deren Zustimmung entwaffnen soll. Unter dem Kommando des deutschen Generalmajors Gunnar Lange soll eine 3.500 Mann starke NATO-Truppe mit der Operation "Essential Harvest" ("Bedeutende Ernte") das Kriegsgerät der Rebellen einsammeln, soweit diese es freiwillig abgeben. Doch Friedenshelfer warnen schon, dass die "Waffenernte" mit stumpfer Sichel erfolgt. "Es ist ein Einsatz auf Krücken. Er soll ein politisches Signal setzen, um dem Friedensprozess Glaubwürdigkeit zu verleihen. Ob das gelingt, ist offen", sagte auch ein westlicher Diplomat. Auch innerhalb der NATO wird betont, dass es hauptsächlich um schwere Waffen - Panzer- und Flugabwehrraketen und schwere Maschinengewehre - gehen kann. Dazu würden dann, gesteuert von einem Hauptquartier bei Skopje, Sammelpunkte eingerichtet werden.
Vorher müssen die politischen Parteien der Volksgruppen ein Rahmenabkommen für den Friedensplan unterschrieben haben, und es muss eine unbefristete Waffenruhe verkündet sein. Die Rebellen sollen in einem technischen Abkommen erklären, dass sie sich ihrer Waffen freiwillig entledigen wollen. "Das wird Rebellenchef Ali Ahmeti unterschreiben, wenn die Rebellen eine Amnestie bekommen", sagt ein Diplomat. Ausgenommen sollen Verbrechen sein, die in die Zuständigkeit des UN0-Kriegsverbrechertribunals fallen. "Der Vorschlag sieht also vor, dass Mazedonien auf die eigene Strafgerichtsbarkeit verzichtet."
Einer muss den ersten Schritt machen
Nach etwa zwei Wochen wird dann für dreißig Tage die Entwaffnungsmission beginnen. Nach jeweils zehn Tagen will die NATO je ein Drittel des vermuteten Kriegsgeräts in ihren Containern sehen. Unterdessen läuft auch eine Frist von 45 Tagen an das Parlament, das den Friedensplan bestätigen soll. Strittig ist, ob in diesen parallelen Entwicklungen zuerst die Entwaffnung oder die Bestätigung des Friedensplan erfolgen muss - letztlich eine Vertrauensfrage.
Die mazedonischen Medien sind voll mit Verschwörungstheorien, die von Politikern des Landes noch angeheizt werden. Teilen der NATO-Truppe - vor allem den Briten - wird unterstellt, auf Seiten der Albaner-Rebellen zu stehen. Von den Abgeordneten der slawischen Parteien will eine unbestimmte Zahl dem Friedensplan nicht zustimmen. So wird die glaubwürdige Waffenabgabe der Rebellen zu einem Prüfstein für den ganzen Friedensprozess. In einem NATO-Papier heißt es: "Das Sammeln der Waffen soll nicht nur die Entwaffnung der so genannten UCK erreichen, sondern auch ein neues Fundament für das Vertrauen schaffen, mit dem die Volksgruppen den Übergang von der jetzigen Krise zu neuer Wohlstandsentwicklung aller Bürger schaffen."