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Österreich hat Einnahmen aus Steuer bereits in Sparprogramm eingeplant.
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Brüssel.Frankreich hat sie schon fast, Österreich will sie, die EU-Kommission wünscht sich, dass es alle wollen, und für manche ist sie schlicht ein "verrückter Plan": Von einer Einigung auf die Besteuerung von Finanztransaktionen sind die Europäer noch weit entfernt. Dabei könnten sie bereits in gut zwei Wochen darüber bei einem Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs beraten.
Die EU-Kommission plädiert dafür, dass alle Mitgliedstaaten ihre Banken beispielsweise zu derartigen Abgaben verpflichten, und zwar ab 1. Jänner 2014. Ihren Vorschlägen zufolge würde die Steuer auf alle zwischen Finanzinstituten durchgeführten Transaktionen mit Finanzinstrumenten erhoben werden, wenn mindestens einer der Beteiligten in der Union ansässig ist. Der Steuersatz für den Handel mit Anteilen und Anleihen würde bei 0,1 Prozent und für Derivate bei 0,01 Prozent liegen. Die jährlichen Einnahmen daraus schätzt die Brüsseler Behörde auf rund 57 Milliarden Euro. Ein Teil davon - mehr als die Hälfte - würde in den gemeinsamen EU-Haushalt fließen; der Rest würde sich auf die Budgets der Länder verteilen.
Manche Staaten lehnen die Steuer jedoch vehement ab. Zu den Gegnern gehören etwa Schweden und Tschechien, und der britische Premier David Cameron findet es gar "verrückt", darüber in einer Zeit zu verhandeln, in der "wir kämpfen, damit unsere Wirtschaften wachsen".
In Paris hingegen wird dies anders gesehen - und rascher gehandelt als es Berlin lieb gewesen wäre. Deutschland, das sich mit Frankreich in vielen Angelegenheiten abstimmt, bevorzugt eine länderübergreifende Regelung. Doch das französische Kabinett hat in der Vorwoche den Plan von Präsident Nicolas Sarkozy gebilligt, ab August eine nationale Finanztransaktionssteuer von 0,1 Prozent einzuführen, was etwa den Handel von Aktien und Kreditausfallversicherungen betrifft. Eine Milliarde Euro soll dies pro Jahr einbringen.
Neun Länder drängen
Auch Wien hat die Einnahmen aus einer Transaktionssteuer in sein Sparprogramm eingeplant. Die Regierung erhofft sich davon rund 500 Millionen Euro jährlich ab 2014.
Frankreich, Deutschland und Österreich waren denn auch unter jenen neun Staaten, die sich vor wenigen Tagen schriftlich an Dänemark gewandt haben, das derzeit den EU-Vorsitz innehat. In dem Brief drängen die drei Finanzminister gemeinsam mit ihren Kollegen aus Italien, Spanien, Belgien, Finnland, Griechenland und Portugal darauf, die Einführung einer Transaktionssteuer rasch voranzutreiben. Diese sei nötig, um eine gerechte Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise zu gewährleisten und die Finanzmärkte besser zu regulieren.
Mit diesen neun Ländern ist eine Zahl erreicht, die die Mitglieder handlungsfähig macht. Eine EU-weite Steuer ist zwar nur dann möglich, wenn alle Staaten zustimmen. Doch ab einem Drittel der Mitglieder könnten die Länder eine gemeinsame Initiative im Rahmen der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit starten.
Den Plänen der EU-Kommission kommt dies allerdings nicht unbedingt entgegen. Sie pocht auf eine Lösung mit allen 27 Staaten. "Neun sind besser als zwei oder drei, aber noch nicht 27", kommentierte Binnenmarktkommissar Michel Barnier.
Noch weniger wünschenswert ist aus Sicht der Brüsseler Behörde, wenn ein Land wie Frankreich allein vorprescht und ein paar weitere diesem Beispiel folgen. Denn dann könnte es zu Umgehungsgeschäften oder zur Verlagerung von Transaktionen innerhalb der EU-Staaten kommen.
Ähnliche Befürchtungen äußert die Finanzbranche ebenfalls in Österreich. So hat das Aktienforum, das die Interessen der österreichischen börsennotierten Unternehmen vertritt, vor einem Alleingang gewarnt, und bezeichnen einige Experten die Einnahmenansätze der Regierung als zu hoch berechnet.
Zu optimistisch dürfte auch die Einschätzung der Regierungsspitze in Wien sein, dass die Finanztransaktionssteuer schon bald auf EU-Ebene eingeführt wird. Alle 27 Länder werden nicht dafür zu gewinnen sein, eher neun bis zwanzig, heißt es aus Kreisen der EU-Kommission. Selbst dann sei das Datum 2014 kaum haltbar. Die Einführung der Steuer würde sich wohl um ein Jahr verschieben.