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Hoffen auf Zukunft als Wintersportort

Von Thomas Veser

Wirtschaft

Im Nachbardorf gibt es Kaviar- und Champagnerbars und die Haute-Volée zum Après-Ski - aber das ist ja auch St. Moritz, der mondäne Gegenentwurf zu Davos. Dafür ist dort die Luft würziger und fast unberührte Täler ohne Skizirkus liegen nur wenige Minuten entfernt.


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Davos ist eben anders. Kleiner, feiner und legerer - und ein Mal im Jahr Bühne für die Reichen und Mächtigen auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF). Das ist gut fürs Geschäft: Der gehobene Hotelbereich verzeichnet einer von der Universität Sankt Gallen veröffentlichten Studie während der fünf Tage 15 bis 20% seines Jahresumsatzes.

Ohne WEF, das im Vergleich zu anderen Kongressen in Davos etwa doppelt so viele Gäste anziehe, müsse längerfristig mit dem Verlust von 400 Arbeitsplätzen gerechnet werden.

Wie Sankt Moritz, das etwa halb so viel Einwohner zählt, ist Davos auf Gedeih und Verderb vom Tourismus abhängig. Und der hat Tradition: Der Arzt Alexander Spengler rettete sich nicht nur aus den Wirren der badischen Revolution 1848 hinter die Grenze auf der anderen Seite des Rheins, sondern begründete auch den Aufstieg des armseligen Graubündner Dorfes zum international anerkannten Kurort. Den kulturellen Schliff brachte dann Thomas Mann, der den Schauplatz seines "Zauberbergs" nach Davos verlegte. Sein Schriftstellerkollege Robert Louis Stevenson verfasste hier die "Schatzinsel", vielleicht sogar inspiriert von der Affinität zum Geld.

Denn aus den bescheidenen Holzhäusern waren längst prächtige Gründerzeit-Hotels geworden. Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg setzte man bis zu neunstöckige Ferienwohntürme in die alpine Landschaft, auch Kongress- und Sportzentren durften nicht fehlen. Bis zu 40.000 Besucher pro Tag zählt die Gemeinde in Spitzenjahren, mehr als die Kantonshauptstadt Chur an Einwohnern hat. Die Hälfte der Besucher stammt aus der Schweiz, weitere 40% aus Deutschland.

Da kann es schon vorkommen, dass die Einheimischen ihren Wohnort als unerträglich empfinden: Denn Wohnungen sind trotz aktiver Bautätigkeit während der vergangenen Jahre knapp und für durchschnittlich Verdienende zu teuer. Und wem nützen fünf Versace-Boutiquen auf hundert Metern, wenn der nächste Metzger Kilometer weit weg ist? Doch mittlerweile hat sich die Gemeinde einen Ruf als Forschungsstandort erworben. Außer dem Schweizerischen Institut für Lawinenforschung und einer Allergie-Forschungsstätte beschäftigt sich das AO-Institut mit Operationsmethoden bei Knochenverletzungen.