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Für die Omikron-Welle werden neue Höchststände bei Ansteckungen, aber eine geringere Auslastung der Spitäler prognostiziert. Entscheidend sei aber auch die Dunkelziffer der Genesenen, sagt Intensivmediziner Walter Hasibeder.
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Im Vergleich zu Anfang Dezember hat sich der Eindruck der Meldungen zur neuen Corona-Variante Omikron doch spürbar aufgehellt. Die Daten aus bereits stark von der Mutation betroffenen Ländern wie Südafrika, Großbritannien oder Dänemark legen wie erhofft leichtere Krankheitsverläufe als bei Delta nahe. Auch wenn noch nicht klar ist, um wie viel leichter sie genau sind. "Die Größenordnung dürfte ähnlich sein wie bei der Alpha-Variante, allerdings auch nicht kleiner", sagt Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien zur "Wiener Zeitung". "Damit gewinnen wir eine kleine Verschnaufpause." Denn der Alpha-Typ des Coronavirus führte im Schnitt zu deutlich leichteren Erkrankungen als das aktuell noch vorherrschende Delta.
Fast optimistisch las sich daher die Einschätzung des Covid-Prognosekonsortiums von dieser Woche, was die Kapazitätsgrenzen von Spitälern und Intensivstationen bis inklusive 12. Jänner angeht. Mit der sich rasant durchsetzenden Omikron-Mutation sei Anfang des Jahres bei mehr als 15.000 Neuinfektionen zwar mit neuen Höchstständen zu rechnen. Die Belagsprognose für die Spitäler fiel aber "aufgrund der reduzierten Virulenz der Omikron-Variante", so das Konsortium, niedriger aus als in früheren Wellen. Soll heißen: Weil die Erkrankungen im Schnitt leichter verlaufen, dürften verhältnismäßig weniger Menschen in Krankenhäusern und auf Intensivstationen landen.
"Zweitkontakt weniger schwer als Erstkontakt"
Zu den grundsätzlich leichteren Verläufen kommt noch ein weiterer positiver Faktor für die Spitäler hinzu: Immer mehr Menschen sind inzwischen immunisiert, ob durch Impfung oder Genesung. "Und der Zweitkontakt mit dem Virus verläuft nicht so schwer wie der Erstkontakt", sagt Virologin Redlberger-Fritz. Bei Omikron wird zudem bei erhaltener Booster-Impfung, also mit drittem Stich, nach wie vor von einer Schutzwirkung von 70 bis 75 Prozent und einem noch höheren Schutz gegen schwere Verläufe ausgegangen.
Die Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit ist bei Omikron zudem neuerlich kürzer als bei der Alpha-Variante. Das hat zwar den Nachteil, dass weit mehr Menschen gleichzeitig erkranken dürften als in vergangenen Wellen. Laut Komplexitätsforscher Peter Klimek steckt darin aber auch eine gute Nachricht. Die Ansteckungswelle würde dann nämlich schneller anschwellen, aber auch rascher wieder brechen. Kontaktbeschränkungen wie auch ein Lockdown würden dann laut Klimek bereits nach kürzeren Zeiträumen zu einer Entlastung im Infektionsgeschehen führen.
Simulationsforscher Niki Popper, auch Mitglied der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (Gecko), weist gegenüber dieser Zeitung auch darauf hin, dass zu Beginn der Omikron-Welle mehrheitlich jüngere Menschen erkranken würden. Das jedenfalls habe man in Ländern mit starker Omikron-Ausbreitung beobachten können. Weil junge Menschen im Schnitt seltener in Spitälern und Intensivbetten landen, trage auch dieser Faktor zu den bis 12. Jänner optimistischeren Belagsprognosen bei.
Popper warnt allerdings gleichzeitig vor verfrühten und zu großen Hoffnungen. Die Aussichten für die zweite Jänner-Hälfte seien noch äußerst unsicher. Für die nächste Prognose am kommenden Mittwoch erwarte man einerseits detailliertere Daten aus Großbritannien, die zeigen "ob die Welle dort tatsächlich schon wieder runtergeht", so Popper. Und andererseits validere Zahlen aus Dänemark zu Hospitalisierungen. Diese Daten werden etwa für die Entscheidung wichtig sein, wie es nach den Weihnachtsferien mit Schulöffnungen weitergeht. Und für die Entscheidung darüber, ob die Quarantäne bei einer Ansteckung eventuell verkürzt werden könnte.
Sprunghafter Anstieg am 4. Jänner erwartet
Auch in der Prognose des Covid-Konsortiums vom Mittwoch war eine hohe Schwankungsbreite aufgefallen. Es bestünden "noch erhebliche Unsicherheiten", um wie viel leichter die Verläufe durch Omikron genau seien, weswegen "insbesondere die Belagsprognose mit Vorsicht zu interpretieren ist", heißt es im Papier.
Popper betont zudem, dass für den 3. beziehungsweise 4. Jänner mit einem sprunghaften Anstieg der Infektionszahlen zu rechnen ist, weil über das lange Neujahrswochenende weniger getestet wird und sich Neuansteckungen damit erst in den Testungen am Montag und Dienstag niederschlagen werden. Diesen Faktor haben die Expertinnen und Experten allerdings bereits in ihre Modelle einberechnet.
Nicht berechnen lässt sich dagegen ein anderer Faktor, der noch eine der großen Unbekannten der Pandemie darstellt, wie der Intensivmediziner und Präsident der Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin, Walter Hasibeder, zur "Wiener Zeitung" sagt: die Dunkelziffer an Genesenen. Ist die Zahl jener, die ohne ihr Wissen mit Corona infiziert waren, höher, wirkt sich das günstig auf die erwartbare Belegung der Spitäler und Intensivstationen aus. Ist diese Zahl aber recht niedrig, verhält es sich umgekehrt. "Das lässt sich im Vorhinein ganz schwer abschätzen", sagt Hasibeder. "Aber wir hoffen, mit einem blauen Auge davonzukommen."