In der Zentralafrikanischen Republik haben am Sonntag Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattgefunden. Als Favorit für das Präsidentenamt gilt Staatschef Francois Bozize. Der frühere Armeeführer hatte vor zwei Jahren Präsident Ange-Felix Patasse in einem Putsch gestürzt.
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1,5 Millionen Bürger der Zentralafrikanischen Republik haben sowohl ihren Präsidenten als auch ihre Abgeordneten gewählt. Bei der ersten Runde der Präsidentenwahlen waren elf Kandidaten am Start, bei den Parlamentswahlen bewarben sich 928 Kandidaten für 105 Plätze im Hohen Haus. Ersten Hochrechnungen zufolge wurde Bozize mit einer Mehrheit von 75 Prozent in seinem Amt bestätigt. Das endgültige Wahlergebnis soll in zwei Wochen feststehen.
Wahlmanipulation
Sicherheitsmängel sowie Wahlmanipulationen durch das Verschwinden von Stimmzettel und Bedrohung von Anhängern der Opposition werden die Wahlergebnisse verzerren.
Die Gewinner werden es sehr schwer mit dem Regieren haben. Das Land befindet sich derzeit in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise und die Sicherheit der Bürger ist nicht gewährleistet. Die Republik Zentralafrika ist von einer jahrelangen Instabilität durch eine Reihe von Umsturzversuchen und Meutereien gezeichnet. Der gewählte Präsident Patassé weilte während des Staatsstreichs im Ausland. Als er nach Bangui zurückkehren wollte, wurde sein Flugzeug beschossen und musste umkehren. Patassé fand daraufhin Zuflucht im westlichen Nachbarland Kamerun. Seither ist aber eine gewisse innenpolitische Konsolidierung zu verzeichnen.
Hindernisreicher Neustart
Was für ein Land wird der neue Präsident regieren? Wirtschaftlich sind die Staatskassen leer. Zentralafrika kann weder seine Beamten bezahlen - derzeit wird der Lohn vom September 2004 bezahlt - noch seine Auslandsschuld begleichen, die sich laufend erhöht. Das Budget 2005 verzeichnet ein Defizit von 25 Prozent. Die Lebenserwartung in diesem Land beträgt 40 Jahre. Das Bruttoinlandsprodukt beträgt derzeit 200 Euro. Zum Vergleich: In Österreich beträgt das BIP 18.000 Euro. Die Haupteinnahme Quelle des Landes sind Produktion und Verkauf von Baumwolle, Kaffee und Diamanten.
Problem Rohstoffpreise
Seit mehr als zehn Jahren sinkt der Preis für Baumwolle auf dem internationalen Markt ständig. Mit dem Kaffeepreis verhält es sich ebenso. Die Diamanten hätten dem Staat viel Geld gebracht, werden aber nur illegal verkauft oder geschmuggelt. Nutznießer sind dubiose Politiker und Milizen. So wurde während einer privaten Reise nach Deutschland im Juni 2004 Präsident Francois Bozize in Düsseldorf mit einem Koffer voller Diamanten erwischt. Er ist nicht der erste zentralafrikanische Staatsmann dem dies passiert. Vorgänger Jean Bedel Bokassa, der sich selbst am 4. Dezember 1976 zum Kaiser Bokassa I. ernannte, beschenkte französische Staatsmänner mit Diamanten. Das bekannteste Beispiel ist die Diamantenaffäre mit dem jetzigen Präsidenten des EU-Konvents, dem Franzosen Valery Giscard d´Estaing. Als Finanzminister Frankreichs erhielt er im Jahre 1973 unter obskuren Bedingungen Diamanten von Jean Bedel Bokassa. Dieses Geschenk vergiftete jahrelang d'Estaings politische Karriere in Frankreich.
Bürger leben in Angst
Die Bürger der Zentralafrikanischen Republik leben ständig in Angst. Amnesty International stellte in seinem Bericht 2004 fest: "Sowohl Einheiten der Regierung als auch der bewaffneten Opposition zeichneten für die Ermordung zahlreicher unbewaffneter Zivilisten verantwortlich, die sie der Unterstützung des jeweiligen Gegners verdächtigten". Grund genug für das österreichische Außenamt Touristen zu warnen: "Wegen der anhaltend schlechten Sicherheitslage, vor allem im Norden und Osten des Landes, wird vor Reisen in die Zentralafrikanische Republik ausdrücklich gewarnt. Die Überfälle von bewaffneten Banden an den Hauptstraßen im Nord- und Ostteil des Landes sind unverändert häufig. Vor allem in der Hauptstadt Bangui, auch im Stadtzentrum, wird von Spaziergängen tagsüber, als auch speziell nach Einbruch der Dunkelheit abgeraten". Amnesty International sowie Berichten der menschenrechtsorganisation FIDH zufolge hält die Gewalt seit mehr als vierzig Jahren an.
Was die Bürger aus der Republik Zentralafrika wirklich brauchen ist Frieden und Sicherheit. Viele Jugendliche der Universität von Bangui die Hauptstadt sind voller Hoffnung über die Wahlen. "Vielleicht werden wir endlich, nach 40 Jahren Unabhängigkeit unsere politische Führer selbst wählen" wagt ein Englisch-Student zu hoffen.