Zum Hauptinhalt springen

Hoffnung auf ein Lebenszeichen

Von Ulrike Koltermann

Politik

Genf - Am 21. März hat er zum letzten Mal mit ihnen telefoniert. Das war am ersten Tag nach Kriegsbeginn. Seitdem hat Adil Ali, der seit sieben Jahren in Deutschland lebt, keinen Kontakt mehr zu seinem Bruder und der übrigen Familie in Bagdad. "Er sagte, dass alle gesund seien", sagt Ali. "Aber seit Krieg ist, wissen wir nicht einmal, ob sie noch leben." Ali hat sich nun im Internet in eine Liste des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) eingetragen - und hofft auf ein Lebenszeichen aus Bagdad.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Das IKRK ist Experte bei der Suche nach Menschen, die sich im Krieg aus den Augen verloren haben, sei es durch Flucht, Vertreibung oder Gefangenschaft. In zahlreichen bewaffneten Konflikten haben sie ihr Suchsystem immer weiter verfeinert. Nach den Genfer Abkommen von 1949 hat jeder Kriegsgefangene das Recht, seine Angehörigen zu benachrichtigen. Zudem wird eine Karte mit der Identität jedes Gefangenen an das IKRK nach Genf geschickt.

In Ecogia, etwa 20 Kilometer von Genf entfernt, arbeiten derzeit etwa 50 Menschen im Schichtdienst, um die Datenmasse zu bewältigen. Bei der Registrierung der Kriegsgefangenen spielen Karteikarten immer noch eine wichtige Rolle. Bisher sind etwa 4.000 irakische Gefangene in die Kartei aufgenommen. "Die Karten müssen erst aus dem Arabischen übersetzt werden", sagt Mitarbeiterin Nina Nasr. Eine Kopie der Karten wird in einem Extra-Kasten für eine mögliche Besatzungsmacht aufgehoben. Diese ist verpflichtet, für die Kriegsgefangenen zu sorgen. "Aber noch ist unklar, wer genau zuständig ist", sagt Nasr.

"Safe and Well"

Da während der Angriffe auf den Irak auch das Telefonnetz zusammenbrach, erreichen viele Iraker ihre Verwandten im Ausland nicht. Mit Hilfe des IKRK können sie ihnen nun "Safe and Well"- Botschaften schicken. Auf den Vordrucken steht auf Arabisch und Englisch "Uns geht es gut". "Man darf nichts dazu schreiben, sonst müssten wir die Zettel kontrollieren lassen", sagt Nasr. Die Lebenszeichen gehen per Satelliten-Fax nach Genf. IKRK-Mitarbeiter versenden die Papiere mit der Post oder rufen die Angehörigen direkt an. "Viele sind so froh, dass sie am Telefon weinen", sagt Nasr.

Für Menschen wie Adil Ali, die ihre Verwandten im Irak nicht erreichen können, gibt es schließlich die Suchliste im Internet. "Wir hoffen, dass es im Irak bald wieder Zugang zum Internet gibt und sich die Menschen dann schnell finden", sagt Nasr.